Die ãsterreitisq · nugarise Menarie. (Februar 17. 20.) 183
Die „Abendpost“ macht bekannt: „Mit Rücksicht darauf, daß infolge
der verlängerten Tagung der Delegationen die Wiederaufnahme der Tätig-
keit des Reichsrates in einem Zeitpunkte nicht möglich ist, der die Rekru-
tierung wie sonst im März gestatten würde, hat die Regierung die Ver-
schiebung der Termine für die Auehebung der Rekruten des heurigen
Jahres um einen Monat verfügt.“ Die Rekrutenvorlage für 1904 ist dem
Reichsrat Ende November 1903 zugegangen, aber noch nicht erledigt
worden.
Februar. Böhmischer Landtag, Reichsrat, Notstandsvorlagen
und Obstruktion.
Der böhmische Landesausschuß fordert die Regierung auf, den böh-
mischen Landtag in kürzester Frist zur Erledigung der Notstandsangelegen-
heiten einzuberufen. Ministerpräsident v. Körber antwortet (17. Februar):
Er sei von deutschen Politikern in Kenntnis gesetzt worden, daß die deutsche
Obstruktion im Landtage so lange andauern werde, als durch die tschechische
Obstruktion der Reichsrat lahm gelegt werde. Es könne somit nur dann
an einen arbeitsfähigen Landtag gedacht werden, wenn vorher der Reichs-
rat arbeitsfähig gemacht worden sei. Wenn diese Bedingung gegeben sei,
wolle er den Wunsch nach Einberufung des Landtages gern erfüllen, um
so mehr als er wohl einsehe, daß das Land infolge der Finanznot und
des Notstandes in einer prekären Lage sich befinde, da die Landesordnung
Böhmens einen § 14, den Oktroyierungsparagraphen, nicht kenne.
17. Februar. (Wien.) In der ungarischen Delegation sagt
Ministerpräsident Graf Tisza über die Balkanfrage:
Was die Entente mit Rußland anbetrifft, so laufen in unserer
Politik und derjenigen Rußlands die Grundprinzipien parallel, da beide
Mächte jede Ausdehnungspolitik von sich weisen und weder wir, noch Ruß-
land auf irgend einen Balkanstaat ausschließlichen Einfluß ausüben wollen.
In der Identität dieser beiden Grundgedanken liegt die Hoffnung, daß für
den Fall, daß infolge irgend welcher von uns unabhängigen Verhältnisse
die Erhaltung des status quo auf dem Balkan unmöglich, und neue Ent-
schließungen erforderlich werden würden, diese Entente auch unter den ver-
änderten Verhältnissen würde aufrechterhalten werden können.
20. Februar. (Wien.) Debatte der österreichischen Dele-
gation über die Einheit der Armee. Proteste gegen die ungarischen
Forderungen.
Mehrere Delegierte protestieren gegen die ungarischen Wünsche, die
die Armee auflösen müßten; es würde nicht möglich sein, künftig für mili-
tärische Vorlagen zu stimmen, wenn andere als militärische Zweckmäßig-
keitsgründe sie beftimmten. Der tschechische Delegierte Prinz Lobkowitz
sagt u. a.: Die ungarischen Bestrebungen liefen auf die Zweiteilung der
Armee hinaus, eine Beibehaltung der wirtschaftlichen Gemeinsamkeit mit
Ungarn sei aber bei einer etwaigen Zweiteilung ganz unmöglich. Selbst
er als Tscheche müsse für das Deutsche als die einheitliche Dienst= und
Kommandosprache eintreten; mit österreichischem Gelde dürfe jedenfalls keine
Magyarisierung vorgenommen werden.
Kriegsminister v. Pitreich: Alle besonnenen Elemente möchten zu-
sammenwirken, damit die politischen und nationalen Widerstreite nicht auf
die Armee hinübergreifen; denn wenn sie nicht Ruhe in dieser Beziehung
habe, könne die Kriegstüchtigkeit derselben entschieden darunter leiden. Die