270 gelzien. (Januar 1.—Mai 29.)
X.
Belgien.
1. Januar. Die bisherigen Privatbesitzungen des Königs
werden Staatsdomänen.
Das Gesetz hierüber ist bereits angenommen. Die lange Verzöge-
rung der königlichen Vollziehung des Gesetzes erklärt der König in einem
an den Ministerpräsidenten gerichteten Schreiben daher, daß er, bevor seine
Besitzungen in das Eigentum des belgischen Staates übergingen, die für
die Instandhaltung und Verwaltung derselben erforderlichen Vorkehrungen
habe treffen und auch die nötigen Geldmittel bereitstellen wollen. Dies
sei nunmehr durch Ernennung eines besonderen Verwaltungskomitees und
durch Hinterlegung einer ausreichenden Summe geschehen, 62“ daß in aller
Zukunft der Staat in dem lastenfreien Besitz dieser Domäne sein werde.
Der volle und ausschließliche Genuß für alle Zeiten bleibt dem König und
seinen Thronerben durch das Gesetz gesichert.
1. Januar. Ein Gesetz, wonach die Bürgerwehr in Brabant,
Antwerpen, Limburg, Ost= und Westflandern in vlämischer Sprache
kommandiert werden muß, tritt in Kraft.
Anfang Januar. Der niederländische Ministerpräfident Kuyper
verweilt längere Zeit in Brüssel. Es wird behauptet, daß ein
belgisch-niederländisches Schutz= und Trutzbündnis geplant werde.
2. März. (Brüssel.) Eine internationale Konferenz zum
Studium der Verhältnisse des Mittelstandes beginnt ihre Tätigkeit.
Vorsitzender ist der deutsche Delegierte Dr. Bödiker.
18. März. (Lüttich.) Zwei franzöfische Anarchisten ver-
üben ein Bombenattentat gegen den Chef der Sicherheitspolizei,
wobei 9 Personen schwer verwundet werden.
20. April. (Brüssel.) Prozeß des Königs mit seinen Töchtern.
Ende April. Heergesetz= und Wahlreformentwurf der Oppo-
sition.
Die vereinigten Oppositionsparteien beantragen den persönlichen
Heerdienst und die Herabsetzung der aktiven Dienstzeit auf 12—24 Monate,
je nach dem Bildungsgrad der Rekruten und der Waffengattung. Nach
der Opposition werden durch die Regierung anstatt der gesetzlichen 14 800
Mann nur 8000 jährlich eingestellt und die Kriegsstärke beträgt anstatt
180 000 weniger als 150 000 Mann. Nach dem Entwurf soll die Kriegs-
tärke 250 000 Mann betragen, die Kosten sollen um 12—15 Millionen
eigen. — Die Wahlreform verlangt Beseitigung des Pluralstimmrechts.
5. Mai. Die Repräsentantenkammer verwirft mit 70
gegen 55 Stimmen einen Antrag der Linken, eine Revifion der
Verfassung in Erwägung zu ziehen.
29. Mai. Wahlen.
Je die Hälfte des Senats und der Kammer wird erneuert. In