Rußland. (November 6.) 297
Nachdem die russische und englische Regierung dahin übereingekom—
men sind, der internationalen Untersuchungskommission, die gemäß den
Artikeln 9 und 14 der Haager Konvention vom 17. bezw. 29. Juli 1899
für friedliche Regelung der internationalen Konflikte zusammentritt, die
Aufgabe anzuvertrauen, durch unparteiische und gewissenhafte Prüfung den
Tatbestand des Zwischenfalles aufzuklären, der sich in der Nacht vom 21.
zum 22. Oktober in der Nordsee zutrug und in dessen Verlaufe infolge der
Abgabe von Kanonenschüssen durch die russische Flotte der Untergang eines
Bootes und der Tod zweier der englischen Fischerflottille angehörenden
Personen, sowie Beschädigungen anderer Boote dieser Flottille und Ver-
wundungen von Mannschaften einiger Boote verursacht wurden, haben sich
die Unterzeichneten, die hierzu ermächtigt sind, über folgende Bestimmungen
geeinigt: Artikel 1. Die Untersuchungskommission wird sich aus fünf Mit-
gliedern zusammensetzen, zwei davon sollen Offiziere von hohem Rang aus
der russischen und englischen Marine sein. Ferner werden die französische
Regierung und die der Vereinigten Staaten ersucht werden, aus ihren
Marineoffizieren je einen von hohem Rang als Mitglied der Kommission
zu wählen. Das fünfte Mitglied der Kommission soll durch Uebereinkom-
men zwischen diesen vier Mitgliedern bestimmt werden. Im Falle die
Einigung zwischen letzteren nicht zustande kommen sollte, wird das
fünfte Mitglied durch den Kaiser von Oesterreich ernannt werden. Jede
der hohen vertragschließenden Parteien wird in gleicher Weise rechtskundige
Beisitzer mit beratender Stimme und einen Agenten ernennen, die beauf-
tragt werden, an den Arbeiten der Kommission offiziell teilzunehmen.
Artikel 2. Die Kommission hat die Untersuchung vorzunehmen und einen
Bericht aufzustellen über die auf den Vorfall bezüglichen Umstände, ins-
besondere über die Fragen der Verantwortlichkeit und den Grad des
Tadels, der die Staatsangehörigen der beiden hohen vertragschließenden
Parteien oder eines anderen Landes trifft, für den Fall, daß dessen Ver-
antwortlichkeit durch die Untersuchung festgestellt werden sollte. Artikel 3.
Die Kommission wird die Einzelheiten des Verfahrens festsetzen, das von
ihr behufs Ausführung der Aufgabe befolgt werden soll, die sie zu lösen
hat. Artikel 4. Die beiden hohen vertragschließenden Parteien verpflichten
sich, der Kommission in weitgehendstem Maße alle Mittel und Erleichte-
rungen zu gewähren, die notwendig sind zur vollständigen Erkenntnis und
genauen Abwägung der in Frage kommenden Tatsachen. Artikel 5. Die
Kommission wird in Paris zusammentreten, sobald sich dies nach Unter-
zeichnung des Abkommens ausführen lassen wird. Artikel 6. Die Kom-
mission wird über beide Parteien einen Bericht einreichen, der durch sämt-
liche Mitglieder der Kommission zu unterzeichnen ist. Artikel 7. Die Kom-
mission wird alle Entscheidungen mit Stimmenmehrheit der fünf Kommissare
treffen. Artikel 8. Die beiden Parteien verpflichten sich, jede für sich die
Kosten der Untersuchung zu tragen, soweit sie von jeder Partei vor Zu-
sammentritt der Kommission angestellt ist. Was die Unkosten anbetrifft,
die entstehen von dem Zeitpunkt an, an dem die Kommission zusammen-
getreten ist, für die Installation und für die notwendig werdenden Nach-
forschungen, so sind diese gemeinsam von beiden Regierungen zu tragen.
6. November. Zum Befehlshaber der ersten Mandschurei-
armee wird General Lenewitsch, zum Befehlshaber der dritten
General Kaulbars ernannt.
November. (Petersburg.) Eine Versammlung von Mit-
gliedern der Semstwos berät über innere Reformen.