Das Fenische Reith und seine einjeluen Glieder. (Sept. 23. — Anf. Okt.) 167
23. September. (Essen.) Nach langen Verhandlungen lehnt
der Verband christlicher Bergarbeiter die Verschmelzung mit dem
sozialdemokratischen alten Verbande ab, will aber bei wirtschaft-
lichen Kämpfen mit ihm ein Zusammengehen anstreben.
24. September. (Berlin.) An Stelle des zurücktretenden
Generals v. Massow wird der kommandierende General des 11. Korps
Linde zum Präsidenten des Reichsmilitärgerichts ernannt.
25. September. (Breslau.) Wegen des Krawalls am 19. April
(S. 117) werden 38 Arbeiter zu Freiheitsstrafen bis zu 6 Monaten
verurteilt.
26. September. (Kiel.) Prinz Heinrich von Preußen über-
nimmt als Großadmiral das Kommando der aktiven Schlacht-
flotte. Der bisherige Großadmiral v. Köster wird Generalinspek-
teur der Marine.
Ende September. Bekämpfung des Alkoholismus.
Das Reichsversicherungsamt richtet an die deutschen Berufsgenossen-
schaften Anfragen darüber, welche Schritte sie unternommen haben, um
den Mißbrauch geistiger Getränke unter den Arbeitern der ihnen unter-
stellten Betriebe entgegenzutreten. Gleichfalls werden die Berufsgenossen-
schaften aufgefordert, dieser Angelegenheit fortgesetzt ihr Augenmerk zu
enken.
Anfang Oktober. Veröffentlichung der Denkwürdigkeiten des
Fürsten Hohenlohe. Streit um Bismarcks Entlassung.
Der Bezirkspräsident von Kolmar, Prinz Alexander Hohenlohe,
veröffentlicht die Denkwürdigkeiten seines Vaters, des früheren Reichs-
kanzlers. Darin sind u. a. enthalten Aufzeichnungen über Gespräche mit
dem Kaiser und dem Großherzog von Baden über Bismarcks Entlassung,
viele Nachrichten über Einzelheiten von 1890—1900, namentlich Bemer-
kungen über auswärtige Fragen, das Verhältnis Deutschlands zu Rußland
und Oesterreich, Urteile Bismarcks, des Kaisers, des Zaren über politische
Persönlichkeiten und Ereignisse. — Die Veröffentlichung wird allgemein
als eine große Indiskretion bezeichnet und in der Presse lebhaft behandelt.
Der Kaiser telegraphiert an den Fürsten Philipp zu Hohenlohe-Schillings-
fürst, den Chef des Hauses: Ich lese soeben mit Erstaunen und Entrüstung
die Veröffentlichung der intimsten Privatgespräche zwischen Deinem Vater
und Mir, den Abgang des Fürsten Bismarck betreffend. Wie konnte es
zugehen, daß dergleichen Material der Oeffentlichkeit übergeben werden
konnte, ohne zuvor Meine Erlaubnis einzuholen? Ich muß dieses Vor-
gehen als in höchstem Grade taktlos, indiskret und völlig inopportun be-
zeichnen, da es unerhört ist, daß Vorgänge, die den zurzeit regierenden
Souverän betreffen, ohne seine Genehmigung veröffentlicht werden.
Die „Hamburger Nachrichten“ bestreiten die Richtigkeit der Bismarck
betreffenden Mitteilungen. Die österreichischen Zeitungen sehen in den
Mitteilungen eine glänzende Bestätigung der Bundestreue des Kaisers,
während Bismarck eine Preisgabe Oesterreich-Ungarns an Rußland nicht
unbedingt abgelehnt habe. — In den „Preußischen Jahrbüchern“ führt
Professor Delbrück aus, die Denkwürdigkeiten bewiesen, daß Bismarck