Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1907. (48)

Das Denisthe Reich und seine einzelnen Glieder. (Juli 9. 12.) 131 
den Restzahlen, welche für die einzelnen Parteien geblieben sind, die 
relative Mehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. Wird 
während einer Landtagsperiode einer dieser nach dem Verhältniswahl- 
system besetzten Abgeordnetensitze frei, so ist durch das Ministerium des 
Innern auf Grund der Wahlakten von den Kandidaten, welche nicht Ab- 
geordnete waren, derjenige als Ersatzmann einzuberufen, welcher innerhalb 
der Partei, zu der sich der zu Ersetzende bekannt hat, unter den nicht ge- 
wählten Kandidaten die meisten Stimmen erhalten hatte. Ist ein Ersatz 
auf diese Weise nicht möglich, so ist mit der Neubesetzung bis zur nächsten 
allgemeinen Verhältniswahl zu warten. — Ein Kandidat, der keiner Partei 
oder bestimmten wirtschaftlichen Gruppe angehört, die in mehreren Wahl- 
kreisen Kandidaten aufstellt, kann also nur dann gewählt werden, wenn er 
aus eigener Kraft mindestens 1/3 aller im Lande abgegebenen Stimmen 
in seinem Wahlkreis erhält, unterliegt er, können die auf ihn abgegebenen 
Stimmen auch niemandem sonst zu gute kommen. — II. Bei der Wahl 
durch Kommunalverbände sollen die übrigen 40 Abgeordneten gewählt werden. 
Solche Kommunalverbände sind einmal die amtshauptmannschaftlichen Be- 
zirksverbände — dann die Städte Dresden, Leipzig, Chemnitz, Plauen und 
Zwickau. Jedes bildet einen Wahlkreis. In den amtshauptmannschaft- 
lichen Bezirksverbänden wird die Wahl von der Bezirksversammlung voll- 
zogen. In den obengenannten Städten wird die Wahl in gemeinschaft- 
licher Sitzung des Stadtrats und der Stadtverordneten vollzogen, welche 
zu diesem Zwecke zu einem einzigen Wahlkollegium zusammentreten. Dabei 
werden in den Städten Dresden und Leipzig je drei, in der Stadt Chemnitz 
und in den amtshauptmannschaftlichen Bezirken Chemnitz, Pirna, Zwickau 
je zwei, in den übrigen amtshauptmannschaftlichen Bezirken, sowie in den 
Städten Plauen und Zwickau je ein Abgeordneter gewählt. — Der den 
Wahlgang leitende Vorsitzende ist nicht stimmberechtigt. Nicht wählbar 
sind bei diesen Wahlen alle Personen, welche das 30. Lebensjahr noch nicht 
erfüllt haben, welche nicht mindestens drei Jahre sächsische Staatsangehörig- 
keit besitzen, welche im Wahlkreis selbst als Amtshauptmann oder als Mit- 
glied eines städtischen Ratskollegiums tätig sind — endlich die, die vom 
Stimmrecht bei den direkten Wahlen auszuschließen sind oder bereits durch 
sie zu Abgeordneten gewählt wurden oder Mitglieder der Ersten Kammer 
sind. Auch die Wahl durch Kommunalverbände ist schriftlich und geheim, 
indem jedes anwesende Mitglied der Wahlkörperschaft so viel Namen wähl- 
barer Personen auf einen Stimmzettel schreibt, als Abgeordnete zu wählen 
sind. Bisher wurde jeder Abgeordnete auf sechs Jahre gewählt, alle zwei 
Jahre wurde aber der Landtag zu zwei Dritteln neu gewählt. Diese 
Drittelung soll künftig fortfallen. Der Landtag soll alle sechs Jahre völlig 
erneuert werden, es sollen also sechsjährige Wahlperioden eingeführt 
werden. 
9. Juli. (Berlin.) Der Staatssekretär des Kolonialamts 
beruft eine Kommission aus Gelehrten, Kolonialbeamten und Ab- 
geordneten zum Studium und zur Kodifikation des Eingeborenen- 
rechts. 
12. Juli. (Berlin.) Der Staatssekretär des Kolonialamts 
Dernburg reist nach Ostafrika. 
Juli. Gesamtverluste in Südwestafrika. 
Die Gesamtverluste der Schutztruppe in Südwestafrika in den 
Kämpfen der Jahre 1903 bis 1907 belaufen sich nach der amtlichen Zu- 
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