194 Jie Aerreichisz##gerische Mssarchie. (Februar 21.—März 12.)
die Absicht der Regierung, bis Ostern entweder eine Verständigung herbei-
zuführen oder die Unmöglichkeit einer Vereinbarung festzustellen.
21. Februar. (Ungarn.) Unterrichtsminister Apponyi bringt
eine Volksschulvorlage ein.
Der Entwurf setzt für die Lehrer ein Mindestgehalt von 1000 Kronen
fest. Die Volksschulen mit nichtungarischer Unterrichtssprache dürfen weiter
bestehen bleiben, aber sollen verpflichtet sein, die ungarische Landessprache
als Lehrgegenstand einzuführen. Auch soll diesen Schulen eine staatliche
Unterstützung nur dann gewährt werden, wenn sie den staatlichen Lehr-
plan annehmen.
22. Februar. (Galizien.) Ruthenische Studenten, die wegen
der Lemberger Ausschreitungen verhaftet waren, erzwingen durch
einen Hungerstreik ihre Freilassung.
24. Februar. Der Lloyddampfer „Imperatrix“ strandet bei
Kreta; 39 Mann der Besatzung ertrinken.
26. Februar. (Wien.) Die beiden Regierungen beginnen
die Ausgleichskonferenzen.
Anfang März. In Bosnien agitieren Serben für die Ver-
einigung mit Serbien. Die Kroaten protestieren lebhaft dagegen.
12. März. (Ungarn.) Handelsminister Kossuth legt ein
Gesetz vor, das ihn ermächtigt, 90 Millionen Kronen für die An-
schaffung von Waggons und Lokomotiven für die Staatsbahnen
sowie für Erweiterungsbauten zu verwenden.
März. (Pest.) Es finden Verhandlungen zwischen den
österreichischen und ungarischen Ministern über den Ausgleich statt.
Am 21. schreibt das „Wiener Fremdenblatt“" über diese und die
vorherigen Wiener Beratungen:
„In Wien war vor allem ein orientierender Meinungsaustausch
nötig. Es mußten zunächst die Gesichtspunkte fixiert werden, die über-
haupt in Betracht kommen. Diesmal konnte man schon einen Schritt
weiter gehen. Es konnte das von den beiden Regierungen auf Grund
ihrer ersten Verhandlungen vorbereitete Material einer eingehenden Er-
örterung unterzogen werden. Und diese Aufgabe wurde mit aller Gründ-
lichkeit erfüllt. Aber selbstverständlich sind in der Diskussion neue Gesichts-
punkte aufgetaucht, es ist eine Fülle von weiteren Anregungen gegeben
worden, von beiden Teilen wurden neue Vorschläge gemacht, deren Prüfung
die beiden Regierungen sich vorbehalten haben. Wieder ist neues Material
gewonnen, die praktische Gestaltungsmöglichkeit aller dieser neuen Anträge
muß erwogen werden. Dazu kommt, daß keine Frage für sich allein be-
urteilt werden kann, daß sie vielmehr mit vielen anderen in Zusammen-
hang steht und auf sie ihre Rückwirkung übt. So mühsam ist das Werk,
das es zu vollenden gilt. Aber dem gründlichen Kenner solcher Verhand-
lungen bietet dies keine Ueberraschung. Jeder Unterhändler weiß, daß so
schwierige Beratungen auf einer langen, langen Strecke nichts sein können,
als eine gründliche Behandlung aller Probleme. Die Frucht, die hoffent-
lich hier einmal gepflückt werden wird, kann nur langsam reifen. Aus