Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1907. (48)

Bie Kerreichistz-ungarische Menarthhie. (Juni 17.) 203 
der Frage zu befassen haben, ob nicht der Staat im Einklange mit den an ihn 
als Unternehmer gestellten Anforderungen in erweiteriem Umfange am 
Kohlenbergbaue teilnehmen soll, um sich wenigstens für den Bedarf der 
eigenen Unternehmungen gegen alle Wechselfälle zu sichen Eine 
der wichtigsten Aufgaben sei die Fortführung der Aktion der Verstaat- 
lichung der vom verkehrspolitischen Standpunkt wichtigen Privatbahnen behufs 
Erhöhung der wirtschaftlichen Machtfülle des Staates und betont die Not- 
wendigkeit einer Ausgestaltung und Ergänzung der bestehenden Staats- 
bahnen, sowie einer Weiterbildung der gesetzlichen Grundlagen des Lokal- 
bahnwesens und bezeichnet die Pflege des öffentlichen Unterrichtswesens 
unter gleichmäßiger Berücksichtigung der Bedürfnisse aller Volksstämme, 
sowie die Förderung der Wissenschaften als eine der obersten Aufgaben der 
Gesetzgebung. Die Volksschule, deren Ziel im Sinne des Reichsvolksschul- 
gesetzes die sittliche und religiöse Erziehung bleibe, bedürfe vor allem einer 
ruhigen Entwicklung. Die Thronrede kündigt ferner einen Gesetzentwurf 
an über die Lehrerbildung und über die Befähigung zum Lehramte und 
betont die Notwendigkeit einer Heranbildung der Jugend zu praktischen 
Berufszweigen, einer erhöhten Pflege des landwirtschaftlichen Fortbildungs- 
unterrichts sowie des gewerblichen und kommerziellen Fachunterrichts sowie 
endlich die Notwendigkeit der Ausgestaltung des Hochschulwesens. Die 
Rede fährt fort: Die Staatsfinanzen sind dank der friedlichen Weltlage 
und dank dem anhaltenden wirtschaftlichen Aufschwunge in durchaus ge- 
ordnetem und befriedigendem Zustande. Angesichts der empfindlichen 
Belastungen jedoch, die dem Staatsschatze durch die großen Aktionen der 
letzten Jahre und durch die neuerliche Steigerung der staatlichen Ver- 
waltungstätigkeit auferlegt werden müssen, muß der Erhaltung des Gleich- 
gewichts im Staatshaushalt erhöhte Aufmerksamkeit zugewendet werden; 
deshalb wird erforderlichenfalls die Erschließung neuer Einnahmegquellen 
zu erwägen sein. Der schwierigen Frage der Ordnung der Handelsfinanzen 
wendet die Regierung seit langem volle Aufmerksamkeit zu; sie wird nach 
Abschluß von umfassenden Vorarbeiten bestimmte Vorschläge erstatten. 
Geplant ist ferner eine Neuregelung der Gebäudesteuer, der Erbschafts- 
und Schenkungssteuern. Im Bereiche der Justizgesetzgebung ist eine teil- 
weise Revision des Bürgerlichen Gesetzbuchs, ferner die Vorlage eines 
neuen Gesetzes über Erwerbs= und Wirtschaftsgenossenschaften, die Lösung 
der Frage des Kinderschutzes und der Jugendfürsorge, sowie die Schaffung 
eines neuen Strafgesetzes zu gewärtigen. Ferner wird angekündigt eine 
moderne Reform der Sanitätsgesetzgebung, die Regelung des Irrenwesens, 
die Beseitigung der im Auswanderungswesen zu Tage getretenen Uebel- 
ände, ferner die weitere Verbesserung der materiellen Lage der Staats- 
bediensteten durch zweckmäßige Organisation des Personalkredits. Nunmehr 
sollen die Staatsbediensteten auch eine Regelung der Dienstverhältnisse er- 
langen, die berechtigten Anforderungen entspricht, aber auch das Pflicht- 
bewußtsein und die Hingebung, welche die Angestellten des Staates dem 
öffentlichen Dienste schulden, zu verstärken berufen ist. Alsdann heißt es 
in der Thronrede: „Die auf dauernde Erhaltung des unschätzbaren Gutes des 
Friedens gerichteten Bemühungen finden bei mir und meinen Regierungen 
bereitwilligste Förderung. Unsere Beziehungen zu den auswärtigen Mächten 
sind andauernd freundschaftlichste. In unveränderter Herzlichkeit besteht 
das Verhältnis zu unseren Verbündeten fort. Das gute und vertrauens- 
volle Einvernehmen mit allen Mächten setzt uns in den Stand, jederzeit 
im Sinne der Ausgleichung auftauchender Gegensätze zu wirken. So hoffe 
ic, daß die Arbeit und der Erwerb auch weiterhin unter dem Schutze des 
riedens gedeihen werden. Die Monarchie wird ihren Einfluß in dieser
	        
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