Greßbritannien. (Februar 13.) 233
gemacht worden sind. Die Regierung schneidet eine ungeheuer wichtige
Frage an, aber sie ist sich des Ernstes der Lage bewußt. Die wesentliche
und eigentliche Nalur der Verfassung ist, daß sie eine Repräsentativ-
verfassung ist. Die Volksvertretung in Großbritannien ist nicht wie in
einigen anderen Ländern ungefähr wenig mehr als ein Sicherheitsventil
der Verfassung. Die repräsentative Kammer und das Repräsentativsystem
sind die Grundlage der britischen Konstitution. Ich bin nicht sicher, ob
ich nicht lieber eine Verfassung haben möchte, in der die Volksvertretung
in hohem Grade unmittelbar unter der Kontrolle des Herrschers selbst
steht, als eine Verfassung, in der sie in gleichem Grade unter der
Kontrolle einer anderen Kammer steht. Ich bin nicht sicher, ob die
Frage, wenn der Kampf darüber weiter vorgeschritten sein wird, nicht
leichter zu lösen sein wird, als es jetzt den Anschein hat. Aber auf jeden
Fall muß die Frage geregelt werden. (Lauter Beifall.) Die gegenwärtige
Lage ist schimpflich, gefährlich und entsittlichend. Wir müssen eine solche
Neuordnung der Beziehungen der beiden Häuser erreichen, die uns in den
Stand setzt die Wünsche des Volkes in angemessener Harmonie zur Aus-
führung zu bringen. Mit Bezug auf die irische Frage sagt der Premier-
minister: Sollen wir leugnen, daß das irische Volk ein Recht darauf hat,
seine eigenen heimischen Angelegenheiten zu verwalten, solange diese
nicht mit den Angelegenheiten Englands in Widerstreit geraten und so-
lange nichts geschieht, was die Oberhoheit des Parlaments und infolge
davon die Festigkeit des Zusammenhangs der drei Länder verletzt? Es
bedeutet gar keinen Unterschied für die Festigkeit des Reiches, wenn die
Iren haben, was jede Kolonie mit Selbstverwaltung besitzt. John Red-
mond (Ire): Lediglich die Gewährung eines Parlaments mit einer diesem
verantwortlichen Exekutive würde Irland auch nur verhältnismäßigen
Frieden und Gedeihen bringen. — Am folgenden Tage erklärt der Staats-
sekretär für Irland Birrel, die Regierung sei überzeugt, daß allein ein
eigenes Parlament Irland befriedigen könne.
13. Februar. (Unterhaus.) Staatssekretär des Auswärtigen
Grey schildert die Bedeutung und die Entstehung des Abkommens
über die Neuen Hebriden:
Die Konvention sei die beste Abmachung, die unter den obwaltenden
Umständen möglich gewesen wäre: England habe sogar ein gutes Geschäft
dabei gemacht. Gegenüber dem Vorwurf, daß die Anregungen der Kolo-
nien in Bezug auf Aenderungen der Konvention unbeachtet geblieben
seien, führt Grey aus, daß zu der Zeit, als diese Anregungen der Kolonien
in London eingingen, es sehr unerwünscht gewesen wäre, die Ratifikation
der Konvention durch eine lange Beratung neuer Punkte zu verzögern,
und daß dieser Gesichtspunkt auch von den Kolonien anerkannt sei. Die
Kolonien befürchteten ebenso wie die Reichsregierung, daß, wenn der Ab-
schluß des Abkommens noch weiter verzögert würde, andere Komplikationen
auftauchen möchten, welche das Zustandekommen einer so günstigen Kon-
vention, wie die jetzt abgeschlossene, zweifelhaft machen könnten. Die
Kolonien schlossen sich deshalb der Ansicht der Regierung an und bezeich-
neten es ebenfalls für wünschenswert, daß eine Konvention, die ein
gemeinsames englisch-französisches Protektorat über die Neuen Hebriden ver-
embart, unverzüglich abgeschlossen werde. Die britische Regierung schlug
darauf der französischen vor, die vorliegenden Schwierigkeiten zu beseitigen
durch die sofortige Erklärung eines gemeinsamen Protektorates unter Auf-
schub des wirklichen Vertragsabschlusses. Hierauf antwortete die französische
Regierung, daß durch eine derartige einfache Erklärung der Eindruck