306 Nernegen. (Februar 2.—28. Oktober.)
XV.
Norwegen.
2. Februar. (Storthing.) Ministerkrisis.
In der Beratung des Gesetzes über Volksversicherung verlangt ein
Antrag, daß das Storthing 3 Mitglieder zu einem die Vorbereitung des
Gesetzes behandelnden Ausschuß ernennen soll. Ministerpräsident Michelsen
lehnt es ab und droht für die Annahme mit dem Rücktritt. Zur Zeit
der Union habe das Storthing wohl in die Verwaltung mit eingreifen
müssen, weil der Landesherr zugleich die schwedische Krone getragen habe;
nun sei dies nicht mehr der Fall, und deshalb müsse das Ministerium
allein die Verantwortung tragen. Infolgedessen wird der Antrag mit 63
gegen 59 Stimmen verworfen.
23. März. (Storthing.) Neutralisierung Norwegens.
Bei der Beratung des Budgets des Auswärtigen im Storthing
betont der radikale Abgeordnete Castberg, daß dem Storthing hätte Ge-
legenheit zur Aussprache gegeben werden müssen, ehe die Regierung sich
in die nun stattfindenden Verhandlungen betr. die Neutralität Norwegens
eingelassen habe. Minister des Aeußern Loevland, erwidert, daß man
in Karlstad beiderseits darüber einig gewesen sei, daß die Trennung der
beiden Reiche den Novembervertrag berühre. Bereits im vorigen Jahre
habe er mitgeteilt, daß die interessierten Mächte die Erörterung dieses
Vertrages wünschten. Bis jetzt habe nur ein Meinungsaustausch statt-
gefunden, eine redigierte Grundlage für das Uebereinkommen bestehe noch
nicht. Mehr könne er augenblicklich nicht sagen. Wenn auch die Regierungen
zu einem Uebereinkommen gelangt sein werden, so wird das Storthing doch
vollkommen unabhängig dastehen. Die Ablehnung werde nur eine Minister-
krisis herbeiführen und das Land keiner Gefahr aussetzen. Die betreffenden
Mächte seien im Voraus davon unterrichtet worden, wie die Verhältnisse
liegen und daß die Entscheidung beim Storthing liege.
14. Juni. (Storthing.) Frauenwahlrecht.
Das Storthing verwirft mit 73 gegen 48 Stimmen den Gesetzent-
wurf, betreffend das allgemeine Wahlrecht für Frauen, nimmt jedoch mit
96 gegen 25 Stimmen den Gesetzentwurf an, betreffend das staatsbürger-
liche Wahlrecht für Frauen, in derselben Ausdehnung wie jetzt bei. den
kommunalen Wahlen, das heißt, daß die Frauen selbst oder ihre Ehegatten
für das letzte abgelaufene Jahr Steuern bezahlt haben müssen. Hierdurch
wird die Wählerzahl um etwa 300000 vermehrt.
28. Oktober. Ministerwechsel.
Der König genehmigt die Demissionsgesuche des Ministerpräsidenten
Michelsen, des Verteidigungsministers Olssön, des Kultusministers
Dr. Jensen und des Justizministers Bothner. Der bisherige Minister des
Aeußern Lövland wird unter Beibehaltung des Portefeuilles als Minister
des Aeußern zum Ministerpräsidenten, Rechtsanwalt Bredal zum Jufstiz-
minister, Kapitän zur See Dawes zum Verteidigungsminister, das Mit-