Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1907. (48)

Nz#rag zu S. 291. 371 
Punkte, Ehrwürdige Brüder, besonders bei der Auswahl der Lehrer, kann 
Eure Wachsamkeit und Eure Festigkeit nie zu groß sein; denn nach dem 
Beispiel der Lehrer richten sich meistens die Schüler. Darum handelt im 
Bewußtsein Eurer Pflicht hierin klug, aber auch unnachsichtlich. 
Die gleiche Wachsamkeit und Strenge ist bei der Prüfung und 
Auswahlen der Kandidaten für die heiligen Weihen nötig. Ferne, ferne 
vom Priestertum sei die Neuerungssucht; Gott haßt die Stolzen und 
Trotzigen! — Keiner soll in Zukunft den Doktorgrad in der Theologie 
und im kanonischen Rechte erhalten, der nicht vorher den regelmäßigen 
Kursus in der scholastischen Philosophie absolviert hat. Wird er trotzdem 
verliehen, so soll er null und nichtig sein. — Was die heilige Kongregation 
für die Bischöfe und Regularen im Jahre 1896 den Welt- und Ordens- 
geistlichen Italiens über den Besuch der Universitäten vorgeschrieben hat, 
das soll, so verfügen Wir, in Zukunft für alle Nationen Geltung haben. 
— Kleriker und Priester, die einer katholischen Universität oder einem 
katholischen Institut angehören, sollen Fächer, für welche diese Professuren 
besitzen, nicht an der weltlichen Universität studieren. Wurde das bisher 
irgendwo erlaubt, so bestimmen Wir, daß es in Zukunft nicht mehr 
geschehe. — Die Bischöfe, deren Leitung solche Universitäten oder Institute 
unterstehen, sollen mit aller Gewissenhaftigkeit dafür sorgen, daß Unsere 
hier gegebenen Vorschriften beständig eingehalten werden. 
III. Ebenso ist es Pflicht der Bischöfe, die Lektüre modernistischer 
oder solcher Schriften, die vom Modernismus angesteckt sind oder den- 
selben fördern, zu verbieten, falls sie erschienen sind, und sonst ihre Ver- 
öffentlichung von vornherein zu verhindern. — Ferner dürfen alle der- 
artigen Bücher, Zeitungen und Zeitschriften weder den Seminaristen noch 
den Hörern an Universitäten erlaubt werden; sie sind nicht weniger schädlich 
als unsittliche Schriften; ja sie sind noch schlimmer, weil sie die Wurzel 
des christlichen Lebens vergiften. — Nicht anders darf das Urteil lauten 
über die Schriften einiger Katholiken, die zwar sonst brave Leute sind, 
aber, ohne Kenntnis der Theologie und von der modernen Philosophie 
angesteckt, die letztere mit dem Glauben zu vereinigen und, wie sie sagen, 
für den Glauben nutzbringend zu machen suchen. Wegen des Namens 
und Ansehens der Verfasser liest man sie unbedenklich; daher ist die Gefahr, 
allmählich in den Modernismus zu geraten, um so größer. 
Um Euch, Ehrwürdige Brüder, in einer so wichtigen Sache eine 
allgemeine Regel zu geben: sucht mit Entschiedenheit alle gefährlichen 
Bücher aus Euren Diözesen fern zu halten, selbst durch feierliches Verbot. 
Wenn auch der Heilige Stuhl keine Mühe scheut, solche Schriften zu ver- 
bannen, so sind sie doch so zahlreich geworden, daß es über die Kräfte 
geht, alle zu zensurieren. So kommt dann die Medizin manchmal zu 
spät, weil das Uebel mit der Zeit übermächtig geworden. Darum wollen 
Wir, daß die Bischöfe ohne alle Furcht, ohne alle Klugheit des Fleisches 
und ohne Rücksicht auf das Geschrei schlechter Menschen, milde aber fest 
ihres Amtes walten, eingedenk dessen, was Leo XIII. in der apostolischen 
Konstitution Ofticiorum vorgeschrieben: Die Bischöfe sollen, auch als 
Delegaten des Apostolischen Stuhles, schädliche Bücher und Schriften, die 
in ihrer Diözese veröffentlicht oder veröffentlicht oder verbreitet sind, ver- 
bieten und aus den Händen der Gläubigen zu entfernen trachten. Diese 
Worte verleihen ein Recht, bedingen aber auch eine Pflicht. Niemand 
glaube diese Amtspflicht erfüllt zu haben, wenn er das eine oder andere 
Buch bei Uns anzeigt, während er manche andere frei zirkulieren läßt. — 
Es soll Euch in keiner Weise beirren, Ehrwürdige Brüder, wenn der Ver- 
fasser etwa anderswo sein Imprimatur erhalten hat; denn vielleicht ist es 
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