Das Beensche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 9.) 31
nahmen zum ersten Male unter Zustimmung des Finanzministers das
Bedürfnis nach einer Revision des Lehrerbesoldungsgesetzes ausdrücklich
anerkannt ist, und ein bezügliches gesetzgeberisches Vorgehen in nahe
Aussicht gestellt ist. An diesem Versprechen hält die Staatsregierung fest,
und heute kann Ich mit voller Bestimmtheit wiederholen, daß die Staats-
regierung ein neues Lehrerbesoldungsgesetz baldtunlichst vorlegen wird,
sobald sie die Ausführung des Schulunterhaltungsgesetzes einigermaßen
übersehen kann. Die Verhandlungen für den neuen Entwurf sind bereits
im Gange. Man wird daher im Lande den weiteren Schritten der Staats-
regierung mit Vertrauen entgegensehen können. Zu einer Aufhebung oder
Aenderung des Erlasses liegt nicht die mindeste Veranlassung vor. Meine
Ausführungen haben klar gestellt, daß der Erlaß lediglich den Wünschen
der Interpellanten entspricht (Große Heiterkeit und Widerspruch links),
und daß zu einer Beunruhigung kein Anlaß vorliegt. Ich habe mich in
meiner früheren amtlichen Stellung der Lehrerbesoldung in einer Weise
gewidmet, die damals von der Zentralinstanz als vorbildlich anerkannt ist.
Seit dieser Zeit bin ich unablässig bemüht, den berechtigten Ansprüchen
der Lehrerschaft jede mögliche Förderung angedeihen zu lassen. Ich habe
von Anfang meiner ministeriellen Tätigkeit an der wiederholt an mich
herangetretenen Zumutung, angesichts des Lehrermangels und der dadurch
hervorgerufenen Landflucht der Lehrer die Freizügigkeit der Lehrer zu
beschränken, in entschiedenster Weise Widerstand geleistet. Herr Schiffer ist
dann schließlich noch auf den Lehrermangel zurückgekommen. Ich habe
von vornherein entschiedene Verwahrung eingelegt dagegen, daß ich für
den Lehrermangel irgendwie verantwortlich gemacht werde. In meiner
früheren Stellung habe ich statistisch nachgewiesen, daß unausbleiblich ein
Lehrermangel eintreten müßte, wenn die Seminare und Präparanden-
anstalten nicht vermehrt würden. Es war eine meiner wichtigsten und
ersten Aufgaben, in dieser Beziehung Remedur eintreten zu lassen, worin
mich der gegenwärtige Herr Finanzminister in dankenswerter Weise unter-
stützt. Und nun sagte heute der Herr Abg. Schiffer: ja, was nützt es,
wenn die Anstalten vermehrt werden, sie sind ja nicht in genügendem Maße
gefüllt. Das Gegenteil ist der Fall. Bei der letzten Aufnahmeprüfung
für sämtliche Präparandenanstalten wären zur normalen Füllung der Klassen
7500 Aspiranten nötig gewesen; es meldeten sich tatsächlich rund 10 100.
(Hört, hört! rechts.) Aufgenommen wurden 7900 statt dieser 7500, also 400
über den Etat hinaus. Also es wurden 22 Prozent zurückgewiesen. Selbstver-
ständlich hat man die sorgfältigste Auswahl getroffen, und damit glaube ich auch
einem Einwurf des Herrn Abgeordneten, wenn ich ihn richtig verstanden habe,
der dahin ging, als ob die Qualität der Aspiranten zum Lehrerberuf inzwischen
gelitten habe, begegnen zu können. Die Zahl der Seminare hat von 1900
bis 1906 um 27 Prozent zugenommen, die Zahl der Zöglinge aber um
rund 30 Prozent. Wenn man die Gesamtzahl der im Wintersemester
1899/1900 und 1906,07 in der Ausbildung begriffenen Seminaristen ver-
gleicht, so ergibt sich, daß die Zahl von 10535 auf 13 421 gestiegen ist.
Es sieht auf dem Papier sehr einfach aus, wenn so und so viel Seminare
gegründet werden sollen, aber das kostet enormen Aufwand von Mühe und
sorgfältiger Prüfung. Bittere Betrachtungen drängen sich auf, wenn ich
sehe, wie mein zielbewußtes und konsequentes Vorgehen in gewissen Partei-
organen und Parteiversammlungen beurteilt wird. Herr Abg. Schiffer hat
sich heute bestimmt gefunden, mir gewisse Verhaltungsmaßregeln hinsichtlich
der anonymen Schreiben zu geben. Ich lehne dies mit voller Bestimmtheit
ab. (Beifall rechts.) Ich habe die Tatsache, daß ich in der unflätigsten
Weise beschimpft worden bin, nur deshalb hervorgehoben, weil ich aus den