Das Dertsce Reich und seine einjelnen Glieder. (März 6./12.) 69
Polizeimacht im Schutzgebiet . . . . Sehr erfreulich ist die Stimmung, die
gegenüber dem südwestafrikanischen Schutzgebiet seit einiger Zeit in der
deutschen Nation sich geltend gemacht hat und sich im wesentlichen darin
äußert, daß eine große Anzahl von Personen, welche mit dem notwendigen
Kapital ausgestattet sind, sich gemeldet haben, um dort Farmen in Be-
arbeitung zu nehmen. #rcbon Wir werden allerdings dieser Bewegung
ein gewisses Halt gebieten müssen, weil die Vermessung der Farmen in
Südwestafrika bisher noch nicht genügend vorgeschritten ist, um allen diesen
Leuten einen hinreichenden Grundbesitz, der einen sicheren Titel in sich
schließt, zu geben. Diese Vermessung ist zunächst eine der vornehmsten
Aufgaben im Schutzgebiet. Daneben hat aber auch das deutsche Kapital
in allen seinen Formen sich für das Schutzgebiet interessiert. Es haben
sich mehrere große Gesellschaften, welche auch im Auslande bereits mit Er-
folg die Viehzucht und die Verarbeitung von Viehprodukten betreiben, ge-
meldet, und es sind die Vorverträge mit denselben getätigt. Es steht zu
hoffen, daß auch bald oder in naher Zukunft ein Betrieb ausgenommen
werden wird. Ebenso sind zur Erschließung der mineralischen Reichtümer
verschiedene Expeditionen im Gange. So hat die South West Africa-
Company zwei Expeditionen in Aussicht genommen, die vereinigten großen
deutschen Banken und Industriegesellschaften unter Führung der Metall-
gesellschaft in Frankfurt a.M. haben ein großes Unternehmen zur Unter-
suchung gewisser Teile des Schutzgebietes ausgerüstet und beabsichtigen auch,
ein allgemeinen Zwecken dienendes mineralogisches Laboratorium an einem
Orte des Schutzgebietes zu errichten. Die Firmen Koppel und Lenz haben
sich an Schürfarbeiten auf Kupfer beteiligt, und, was ich besonders an-
genehm empfinde, es besteht die Hoffnung, daß unter der Führung einer
der allerersten Elektrizitätsgesellschaften Deutschlands die Erbauung der-
jenigen Staudämme unmittelbar in Studium und Ausführung genommen
wird, welche für Privatkapitalisten in ihrem Objekt und in der nötigen
Geldaufwendung als zu groß angesehen werden müssen. Meine Herren,
daneben hat sich hauptsächlich bewährt das System der Wassererschließung
in unseren Schutzgebieten. Nicht nur ist an dem Schnittpunkt der Wege
zwischen Outjo, Waterberg und Otavibahn in Otjiwarongo eine sehr starke
Quelle entdeckt worden, nicht nur ist eine acht Kubikmeter Wasser in der
Stunde gebende Quelle in Waldau entdeckt worden in der Nähe der Bahn-
linie Windhuk— Karibib, die von erheblicher Bedeutung sein wird, nicht
nur ist in Aus, wo wir befürchtet hatten, daß das Wasser sehr knapp
werden würde, nach den Indikationen des Landrats v. Uslar Wasser ge-
funden worden, sondern auch in Lüderitzbucht. Allerdings wissen wir noch
nicht, wieviel und wie ausgiebig. Wenn Sie bedenken, daß in Lüderitz-
bucht das Kubikmeter Wasser 40 &¾ kostet, so kann man ermessen, welche
Bedeutung das Unternehmen haben kann.
Abg. Rogalla v. Bieberstein (kons.) empfiehlt Annahme ohne
Kommissionsberatung. Abg. Dr. Fehrenbach (Z.): Das Zentrum lehne
wie früher die Gesamtsumme von 29 Millionen ab, bewillige aber die
Eisenbahnvorlage. Abg. Dr. Semler (ul.) stimmt dem Kolonialdirektor
zu und fordert für die Zukunft weitere Bahnen wie von Windhuk nach
Keetmanshoop. Abg. Erbprinz zu Hohenlohe-Langenburg (Rp.) ist
von dem wirtschaftlichen Wert Südwestafrikas überzeugt und spricht der
Kolonialverwaltung sein Vertrauen aus. Abg. Kopsch (fr. Vp.): Seine
Partei sei für die Vorlagen; sie habe ihren Standpunkt in der Kolonial-
politik nicht geändert, sondern sei stets für eine gesunde Kolonialpolitik ge-
wesen. Nur das falsche System habe sie bekämpft. Abg. Ledebour (Soz.):
Der Kolonialdirektor lasse sich ungeheure wirtschaftliche Uebertreibungen zu.