70 Das Denisqhhe Reih und seine einzelnen Glieder. (März 7. 8.)
schulden kommen. Der heimische Bureaukratismus ersticke jede Entwicke-
lungsfähigkeit der Kolonien. — Die Vorlagen werden nicht an eine Kom-
mission verwiesen; am 8. werden sie ohne Diskussion in zweiter Be-
ratung gegen Zentrum, Polen und Sozialdemokraten genehmigt. Am 12.
werden sie nach kurzer Debatte, in der die Sozialdemokraten die Frei-
sinnigen scharf wegen ihres kolonialen Gesinnungswechsels angreifen, mit
derselben Mehrheit angenommen.
7. März. Der Reichstag verweist die Etatnotgesetze nach
kurzer Debatte an die Budgetkommission.
März. April. (Hamburg.) Ausstand der Schauerleute.
Wegen Streitigkeiten um die Nachtarbeit treten einige Tausend
Schanuerleute in den Ausstand. Die Reeder lassen 2000 englische Arbeits-
willige kommen. Es gibt Zusammenstöße zwischen ihnen und den Streikenden.
Ein Vergleichsversuch Anfang April scheitert; am 22. April wird ein Ver-
gleich geschlossen: die Arbeiter gestatten das Mitarbeiten von Nichtorgani-
sierten; sie unterlassen jede Störung fremden Zuzugs; über Schichten-
einteilung findet gemeinsame Vereinbarung statt. Die Engländer werden
möglichst abgeschoben.
7. März. (Berlin.) Mit Norwegen wird ein Zusatzvertrag
zum Auslieferungsvertrag vom 19. Januar 1878 abgeschlossen.
8. März. (Preußen.) Die Regierung bringt zwei Novellen
zum Beamtenpensionsgesetz ein.
Es handelt sich um Novellen zu den Pensionsgesetzen von 1872,
1882, 1890 und 1896 und zu den Witwen= und Waisenfürsorgegesetzen von
1882 und 1897. Das Inkrafttreten der Reichsgesetze vom 31. Mai 1906
über die Pensionierung der Offiziere und Unterklassen des Heeres hat eine
entsprechende Abänderung der Pensionsverhältnisse der Zivilbeamten nahe-
gelegt. Die Fürsorge für die Zivilbeamten gebietet, ihnen dieselben Pensions-
sätze zuteil werden zu lassen, wie den Offizieren des Heeres. Es wird
daher die gleiche Pensionsabstufung wie in dem Offizierpensionsgesetz in
der vorliegenden Novelle in Vorschlag gebracht mit der Maßgabe, daß die
Steigerung nach dem 30. Dienstjahre, wie bei den Heeresbeamten und den
Offizieren vom Regimentskommandeur aufwärts, 1/120 jährlich beträgt, mit-
hin die Höchstpension von 1/80 wie bisher mit dem vollendeten 40. Dienst-
jahre erreicht wird. Während jetzt die Pension mit 1/80 des pensions-
fähigen Diensteinkommens anfängt und jährlich ½/6% bis zur Erreichung
des Höchstbetrages von 45/80 nach vierzigjähriger Dienstzeit steigt, wird
nach der Novelle die Anfangspension auf 10 erhöht und die Höchstpension
(5/6o) wie jetzt nach 40 Dienstjahren erreicht; sie steigt mit jedem weiter
zurückgelegten Dienstjahre (vom zehnten angefangen) also um ½% bis zum
vollendeten 30. Dienstjahre, und von da ab um ½/120. Neben der Erhöhung
der Pensionssätze haben die Reichsgesetze vom 31. Mai 1906 insbesondere
eine Besserstellung der Hinterbliebenen der Militärpersonen herbeigeführt.
Während früher den Hinterbliebenen von Militärpersonen gleich wie denen
von Zivilbeamten die Pension nur noch für einen Monat nach dem Sterbe-
monate weitergezahlt wurde, ist diese Gnadenzahlung nunmehr auf drei
im voraus in einer Summe zu zahlende Monatsbeträge der Pension oder
Rente erhöht worden. Diese Aenderung soll der mißlichen Lage gerecht
werden, in welche die Hinterbliebenen unmittelbar nach dem Tode des Er-
nährers infolge der erheblichen, meist sofort zu deckenden Kosten für Be-
erdigung, Arzt, Heilmittel, für Auflösung des Mietsverhältnisses, Umzug