Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

Die ãferreiqisq-nngarishe Nenarqie. (September 16. -21.) 429 
Gegen die ungarischerseits gewünschte Aufnahme der Barzahlungen 
und gegen jederlei Zugeständnisse auf dem Gebiete des gemeinsamen Heer- 
wesens sowie gegen die ungarischen Ansprüche bei der staatsrechtlichen Stel- 
lung Bosniens wird Verwahrung eingelegt. Ferner wird die Entscheidung 
des Unterrichtsministeriums in der Angelegenheit der freien Schule mit Be- 
friedigung zur Kenntnis genommen und die Erwartung ausgesprochen, daß 
weder der Beschwerde der freien Schule noch der tschechischen Privatschule 
in Unter-Themenau und im dritten Wiener Stadtbezirke gegen die Schließung 
dieser Schulen vom Unterrichtsministerium aufschiebende Wirkung zuerkannt 
werde. Endlich wird beschlossen, aus den deutschen bürgerlichen Parteien 
des niederösterreichischen Landtags zur Abwehr der tschechischen Wühlerei 
einen Deutschen Volksrat für Niederösterreich einzusetzen. 
16. September. (Niederösterreich.) Der Landtag nimmt den 
Dringlichkeitsantrag betreffend die gesetzliche Festlegung der deutschen 
Unterrichtssprache in Niederösterreich einstimmig an. Die Sozial- 
demokraten hatten sich vor der Abstimmung entfernt. 
19. September. Der Reichskanzler v. Bethmann Hollweg 
trifft in Wien ein. 
20. September. (Arad.) Enthüllung des Kossuth-Denkmals. 
Minister Kossuth betont die Notwendigkeit der Anpassung an die 
gegebenen und der Berücksichtigung der veränderten Verhältnisse; der 
Präsident des Abgeordnetenhauses, Justh, erklärt, man müsse festhalten 
an dem Verlangen nach einer selbständigen Bank. Ein Weiterbestehen 
der Koalition sei ebenso ausgeschlossen wie die Schaffung einer Fusion. 
21. September. Deutschland und Oesterreich-Ungarn. 
Der deutsche Reichskanzler v. Bethmann Hollweg hat sich einem 
Vertreter des Wiener „Fremdenblatt“ gegenüber folgendermaßen geäußert: 
„Es ist vor allem von hohem Wert für mich gewesen, mich Kaiser Franz 
Joseph vorzustellen, der mich mit ungemeiner Liebenswürdigkeit empfangen 
hat. Mit dem Grafen von Aehrenthal habe ich lange und eingehend alle 
schwebenden Fragen erörtert. Bei dieser freundschaftlichen, sachlichen Be- 
sprechung ergab sich eine volle Uebereinstimmung der Anschauungen, die 
ich bei der gemeinsamen Grundlage unserer Politik erwartet habe. Für 
die Politik, die ich in Deutschland zu machen berufen bin, wird mir diese 
Unterredung mit dem Grafen v. Aehrenthal und die gemeinschaftliche ver- 
trauensvolle Beurteilung der Situation, die wir festgestellt haben, eine 
wertvolle Unterstützung sein.“ 
Auf die Frage, inwieweit die Ereignisse des vergangenen Winters 
auf die gegenwärtige Situation nachwirkten, erwiderte der Reichskanzler: 
„Bei diesen Ereignissen ist das Wichtigste das feste Zusammenstehen der 
beiden verbündeten Staaten gewesen. Der letzte Winter hat das Bündnis 
zwischen dem Deutschen Reich und Oesterreich-Ungarn in beiden Staaten 
noch populärer gemacht als es war, und die Erprobung des Bündnisses 
hat auch nach außen hin die stärkste Wirkung getan. Seine, des Reichs- 
anzlers, Unterredung mit dem russischen Minister des Aeußern, Iswolski, 
sei, da Iswolski durch Berlin reiste, eigentlich von selbst herbeigeführt 
worden. Er habe mit Iswolski natürlich auch über Politik gesprochen, 
aber die Kombinationen, die an dieses Gespräch geknüpft wurden und an 
den Zeitpunkt kurz vor der Reise des Reichskanzlers nach Wien, in welchen 
das Zusammentreffen mit Iswolski fiel, seien durchaus haltlos."
	        
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