72 Penisches Reich. (Februar 6.)
die Herbeischaffung und Verteilung von Lebensmitteln betreiben, werden
als Hauptleiter eines internationalen Komitees den Bersuch unter-
nehmen, die okkupierten Teile Russisch-Polens mit dem Nötigsten zu ver-
sorgen, sei es, daß man Getreide aus Amerika hereinbekommt, oder daß
man in Südrußland zum Verkauf lagerndes Getreide über Odessa und
Rumänien nach Polen bringt. Dieses internationale Komitee stützt sich
hauptsächlich auf große Geldmittel, die Rockefeller zur Verfügung stellt.
Ueber die Zusammensetzung und die Absichten dieses Komitees macht der
in der Versammlung anwesende amerikanische Botschafter Gerard Mitteilung:
danach werden ihm außer Gerard auch sein Kollege in Wien, der spanische
Botschafter in Berlin und Wien, die Erzbischöfe von Gnesen, Posen und
Krakaun, einige bekannte polnische Persönlichkeiten, die Oberpräsidenten der
angrenzenden Provinzen angehören. Ueber die Tätigkeit des Komitees bei
der Verteilung von Lebensmitteln wird eine Kommission wachen, die zum
Teil aus den genannten Persönlichkeiten, vor allen Dingen aus den spanischen
und amerikanischen Botschaftern bestehen wird.
In der heutigen Versammlung, die der Gründung eines deutschen
Zentralkomitees gilt, welches mit der Ausführung des Planes nichts
zu tun hat, sondern nur in Deutschland Geldmittel dafür sammelt, sind
außer den schon genannten Personen noch die Präsidenten unserer Parla-
mente, ein Delegierter des Fürstbischofs von Breslau, bekannte Politiker,
die Leiter unserer Bankwelt, hervorragende Männer der Industrie und
Leiter der größeren deutschen Blätter vertreten. Es wird zum Vorsitzenden
dieses deutschen Zentralkomitees der Herzog von Trachenberg, Fürst zu
Hatzfeld, gewählt, zum Geschäftsführer der Ministerialdirektor Lewald, der
über den Zweck der Gründung und die Aufgabe des internationalen Komitees
Mitteilung gemacht und auch die Reden des amerikanischen und spanischen
Botschafters in deutscher Sprache wiedergegeben hat. Zum Schatzmeister
wird der Bankdirektor Herbert Guttmann gewählt. Der österreichisch-
ungarische Botschafter Prinz Hohenlohe spricht seine Genugtuung über diesen
humanitären Plan aus und teilt mit, daß in Oesterreich sich ein Komitee
mit entsprechend gleichen Zielen bilden werde.
6. Febr. Milderung der Ausführungsbestimmungen
zum Viehseuchengesetz.
Zur Erleichterung der Fleischversorgung der Truppen beschließt der
Bundesrat eine vorübergehende Milderung in den Ausführungsbestimmungen
zum Viehseuchengesetz vom Jahre 1911. Dort ist vorgeschrieben, daß Tiere
auf dem Transport, die als seuchenverdächtig anzusehen sind, von der Weiter-
beförderung ausgeschlossen und abgesondert werden müssen. Diese Bestimmung
bedeutet während der Kriegszeit eine erhebliche Erschwerung der Fleisch-
versorgung der Truppen. Es ist deshalb während der Dauer des Krieges für
ansteckungsverdächtige Tiere, die mittels eines Militärtransports unmittelbar
in ein militärisches Depot oder zur Truppe übergeführt werden sollen, die
obige Bestimmung außer Kraft gesetzt. Dafür gelten jedoch zwei Voraus-
setzungen: Die Tiere müssen nämlich von Viehbeständen, die nicht zur Heeres-
verpflegung bestimmt sind, abgesondert gehalten und möglichst bald geschlachtet
werden. Außerdem ist eine längere Aufstallung der Tiere nur zulässig beie
dauernder tierärztlicher Beaufsichtigung und an Orten, an denen eine Be-
rührung des Viehes mit Viehbeständen, die zur Heeresverpflegung bestimmt
sind, ausgeschlossen ist.
6. Febr. (Württemberg.) Auf eine Anfrage des volkspartei-
lichen Abg. Stengelin nach dem Stande der Donauversickerungs-