Vie österreichisch-ungarische Monarchie. (September 4. 5.) 677
gehört. Die ungarische Arbeiterklasse hat sich in edlem Wetteifer in den
Gefahren des Krieges bewährt. An der tapferen Verteidigung des Vater-
landes nehmen die nichtmagyarischen Bürger Schulter an Schulter mit den
ungarischen Brüdern teil. Auf den von Ruhmesglanz erstrahlenden, mit
gemeinsamem Blut getränkten Schlachtfeldern haben wir uns mit den
kroatischen Brüdern zusammengefunden; der gemeinsame Ruhm und gemein-
same Opfer verbinden uns zu Kampfgenossen. Die ungarische und kroatische
Treue und Tapferkeit steht in einheitlichem Glanze da.
Der Kaiser erwidert auf die Ansprache Tiszas mit einer Rede, in
der er sagt: Es ist mir eine der größten Freunden meines Lebens, daß es
unter der Mitwirkung hervorragender ungarischer Staatsmänner gelang,
das segensreiche Zusammenwirken zwischen der Krone und der Nation sowie
zwischen dem ungarischen Staate und den übrigen Königreichen und Län-
dern auf einer dauernden Grundlage zu sichern und dadurch die Mißver-
ständnisse, die sich Jahrhunderte hindurch stets erneuten, zu beseitigen.
Mehr als je bisher erbrachten die großen Prüfungen der Gegenwart den
Beweis, daß dieses Werk der Aussöhnung und Auzsgleichung die Seelen
meiner Völker, insbesondere auch diejenigen der Völker meiner ungarischen
Kronc, ganz durchdrungen hat. Als unsere Feinde, von Eroberungssucht
getrieben, uns überfielen, nahm die ungarische und kroatische Nation, sich
eins fühlend mit der Krone, in brüderlichem Wetteifer mit meinen übrigen
Völkern und auf meinen Ruf hin mit begeisterter Entschlossenheit und voller
Kraftanspannung den Kampf gegen die uns übersallende Uebermacht auf.
Fest ist meine Zuversicht, daß meine heldenmütigen Heere im Verein mit
den treuen Bundesgenossen einen ehrlichen, dauernden, gesicherten Frieden
erkämpfen werden und daß dem ungarischen Staate und den in ihm ver-
einten Nationen in dem durch die gegenwärtigen gemeinsamen Kämpfe und
gemeinsamen Opfer aufs neue geheiligten geschichtlichen Verbande mit
meinen übrigen Völkern es beschieden sein wird, in gesteigerter Kraft und
Ansehen die Segnungen des Friedens zu genießen. Empfangen Sie für
Ihr Erscheinen und Ihre Huldigung meinen innigsten Dank. Tragen Sie
der Nation den Ausdruck meines aus tiefstem Herzen quellenden Dankes
heim für Ihre treue und heldenmütige Haltung.
4. Sept. (Innsbruck.) Das durch die italienische Kriegs-
erklärung aus Rom vertriebene Colleginm Cermanicum wird in
Jnnsbruck wieder eröffnet.
5. Sept. (Ungarn.) Der Minister am Hoflager, Baron Erwin
Roszuer, hält in dem durch den Tod des ehemaligen Minister-
präsidenten Abgeordneten Koloman 8zell frei gewordenen Wahl-
bezirke St. Gotthard eine Wahlrede, in der er auf die Gemeinsam-
keit der Interessen von Ungarn und Deutschen und die geschichtliche
Notwendigkeit des Bündnisses mit Deutschland hinweist.
Er weist darauf hin, daß jetzt Parteikämpfe nicht am Platze seien,
und sezt dann seine Rede mit Rücksicht auf die zahlreichen dort wohnenden
Bürger deutscher Nationalität in deutscher Sprache fort. Er sagt: Ich
muß darauf hinweisen, daß Deutsche und Ungarn seit Jahrhunderten, man
kann sagen, seit Begründung des ungarischen Königreiches, immer mit ihren
Interessen aufeinander angewiesen waren. Schon Stefan der Heilige er-
kannte die Richtigkeit dieses Grundsatzes und als er die Wahl hatte zwischen
Morgenland und Abendland, lehnte er sich an Deutschland an und wurde