690 Die sterreichisch-ungerische Monarchie. (November 30.—Dezember 3.)
v. Leth zum Finanzminister und den Direktor der Osterreichischen
Kreditanstalt v. Spitzmüller zum Handelsminister. Der frühere
Minister des Innern Freih. v. Heinold wird zum Statthalter
von Mähren und der frühere Handelsminister v. Schuster zum
Gouverneur des Postsparkassenamtes ernannt.
30. Nov. (Ungarn.) Bei Eröffnung der neuen Reichstags-
session hält Präsident Bevethy eine Rede, in der er der herrlichen
Waffentaten der Armee sowie der Bundesgenossen in rühmenden
Ausdrücken gedenkt.
Bezüglich des Deutschen Reiches (bei dessen Erwähnung die Ab-
eordneten großartige Beifallskundgebungen veranstalten) sagt der Präsident
solgendes: Die Gefühle, die uns mit unseren treuen Bundesgenossen, in
erster Reihe mit dem ruhmreichen und mächtigen Deutschen Reiche ver-
knüpfen, beruhen nicht auf einer konventionellen Neigung, die man seinen
Verbündeten schuldig ist. Unsere Gefühle, unsere Interessen sind in der
Esse dieses furchtbaren Weltkrieges zusammengeschmiedet worden; sie bilden
jedem künftigen Angriff gegenüber ein unverwüstliches Erzschild, das für
jedes Mitglied des Bündnisses die wertvolle Gewähr einer freien und
mächtigen Entwicklung bildet. Der Präsident beantragt hierauf die Ab-
sendung von Begrüßungstelegrammen an den Monarchen, an Generalfeld-
marschall Erzherzog Friedrich, an Generaloberst Erzherzog Eugen, sowie an
die Volksvertretungen der verbündeten Reiche.
Auch das Magnatenhaus hält eine Sitzung ab.
Präsident Baron Josika gedenkt in der Eröffnungsrede der glänzenden
Siege der verbündeten Armeen und beantragt die Absendung eines Hul-
digungstelegramms an Kaiser Franz Joseph, eines Telegramms an den
Armeeoberkommandanten, in dem der unversiegbare Dank der Nation für
die heldenmütigen Soldaten ausgedrückt wird, und eines Telegramms an
den Präsidenten der bulgarischen Kammer, in dem unseren neuen Kampf-
genossen, der edlen bulgarischen Nation der brüderliche Gruß entboten
wird, die würdig der heldenhaften Vergangenheit und ihres großen Be-
rufes an unsere Seite getreten und durch seither gemeinsam erkämpfte
Triumphe aus alten Stammesverwandten zum neuen Nachbarn geworden ist.
3. Dez. Der Kaiser richtet an den Ministerpräsidenten nach-
stehendes Handschreiben:
Lieber Graf Stürgkh!
Seitdem der Eintritt Italiens in den Kreis unserer Feinde den Streit
der Waffen nach vordem nicht bedrohten Stätten friedlicher Arbeit getragen
hat, leiden gesegnete Landstriche an den südlichen Reichsgrenzen, von
meinen braven Truppen nun durch mehr als ein halbes Jahr mit helden-
mütiger Entschlossenheit verteidigt, schwer unter dem Ungemach des Krieges
und dem stets erneuten wütenden Ansturm des Gegners. Im schwer-
geprüften Küstenlande kann insbesondere die meinem Herzen teuere Landes-
hauptstadt Görz mit der Stärke des Schwertes wohl vor der Eroberung
durch den Feind, nicht aber vor einem Zerstörungswerke beschützt werden,
das der im Gebote militärischer Notwendigkeit begründeten Rechtfertigung
entbehrt. Mit tiefer Bekümmernis die Drangsal einer treuen Bevölkerung
wahrnehmend, würdige ich dankbar den Opfermut, mit dem sie in festem
Vertrauen auf den Sieg der gerechten Sache und ihre unverbrüchliche Zu-