Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Erste Hälfte. (56a)

Die ökerreichischungerisce Monarchie. (Dezember 23.) 701 
Er wies auf die Beschlüsse der Vertreter der drei mitteleuropäischen 
Wirtschaftsvereine von Deutschland, Oesterreich und Ungarn auf der im 
November in Wien abgehaltenen Konferenz hin und führt sodann aus, ein 
handelspolitisches System, wie es in den beschlossenen Leitsätzen gedacht sei, 
erfordere einen ganz besonderen Aufbau, weil es in dieser Form noch 
nirgends bestehe, es erfordere aber auch eine sorgfältige Abwägung der 
gegenseitigen Interessen. Unsere Konzession, führt Redner aus, liegt in der 
Vorzugsbehandlung deutscher Waren, unsere ermäßigten Tarifsätze werden 
Deutschland in größerem Umfange zugute kommen, als die deutschen Vor- 
zugszölle unserem Exporte nützen werden. Hier müssen unsere berechtigten 
Schutzbedürfnisse berücksichtigt werden. Auf der anderen Seite wäre von 
beiden Mächten schon bei den Friedensverhandlungen zu erklären, daß Be- 
günstigungen, wie sie sich gegenseitig und gegebenenfalls auch andere 
Nachbarstaaten gewähren werden, von der allgemeinen Regel der Meist- 
begünstigungen ausgenommen bleiben sollen. Hierin liegt eine Konzession 
Deutschlands, das einen viel größeren internationalen Handel hat als Oester- 
reich-Ungarn. Eine weitere Folge dieses handelspolitischen Auftretens 
gegenüber den fremden Staaten ist die Anerkennung des Grundsatzes, daß 
die verbündeten Staaten Handelsvertragsverhandlungen mit Dritten nur 
in gemeinsamem Einvernehmen führen, wobei es ganz gut denkbar ist, daß 
in einzelnen Fällen im gemeinsamen Einverständnis auch Bestimmungen 
verschiedenen Inhalts gegenüber einem Dritten getroffen werden. Unsere 
wirtschaftliche Annäherung an Deutschland ist um so mehr geboten, als 
wir nicht der Isolierung ausgesetzt sein wollen und als sich in Frankreich, 
England und Italien schon jetzt Bestrebungen regen, um uns von jedem 
größeren Handelsverkehr auszuschließen. Aber nicht bloß zollpolitischen 
Inhalt soll unser Verhältnis zum Deutschen Reiche haben. Mit Recht legt 
man dort großes Gewicht auf den Transitverkehr nach dem nahen Osten, und 
die Wege dahin führen durch Oesterreich-Ungarn. Wenn wir hier Erleich- 
terungen und Begünstigungen gewähren, werden wir hierfür einen Anteil 
an dem dortigen Handel erlangen, wobei zur Vermeidung unliebsamer 
Konkurrenz die Rayonierung von Gebieten und die Kontingentierung von 
Waren ganz gut möglich wäre. Die in unseren Beschlüssen niedergelegten. 
Grundsätze weisen einen praktisch gangbaren Mittelweg. Die Beschlüsse wurden 
zur Kenntnis der beteiligten Regierungen gebracht, deren Aufgabe es nun sein 
wird, alles von den verschiedenen Seiten Vorgebrachte zu erwägen. Der 
Vereinsvorstand hofft, durch seine Tätigkeit einen nicht unwichtigen Beitrag 
zur Bildung einer übereinstimmenden öffentlichen Meinung geliefert zu haben. 
B. Dez. Eine aus mehreren Professoren der Wiener Hoch- 
schulen bestehende Deputation überreicht dem Ministerpräsidenten, dem 
Unterrichtsminister, dem Minister des Innern, dem Handelsminister 
und dem Minister des Außeren eine von 855 deutschen Hochschul- 
lehrern Österreichs unterzeichnete Erklärung, in der es heißt: 
Die Unterzeichneten haben nach reiflicher Erwägung und eingehender 
Beratung der mit der Neuordnung nach dem Kriege zusammenhängenden 
Fragen die Ueberzeugung gewonnen, daß ein enger und dauernder wirt- 
schaftlicher Zusammenschluß Oesterreich-Ungarns mit dem Deutschen Reiche 
durch eine möglichst weitgehende Annäherung und durch gemeinschaftliches 
Auftreten nach außen geboten erscheint, und zwar derart, daß daraus eine 
dauernde Interessengemeinschaft hervorgeht. 
Diese Erklärung ist von einem Begleitschreiben des Initiativkomitees. 
eingeleitet, in dem es heißt:
	        
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