Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Greßbritannien. (September 15. — 17.) 823 
werter Vaterlandsliebe dem Aufrufe zum Militärdienst Folge leisten, und 
ich zweifle keinen Augenblick daran, daß das Volk alle Opfer, die zu einem 
siegreichen Ausgang nötig sind, gerne bringen wird. 
15.—17. Sept. (Unterhaus.) Asgquith bringt die Forderung 
eines neuen Kriegskredits in Höhe von 250 Millionen Pfund ein 
und begründet sie mit einer längeren Rede, an die sich eine Debatte 
über die allgemeine Wehrpflicht anschließt. 
Zunächst brachte Ministerpräsident Abquith die Forderung eines 
neuen — des 7. — Kriegskredits in Pöhe von 250 Millionen Pfund 
Sterling ein und führte aus, damit steige der Betrag, der bisher gefordert 
worden sei, auf 1262 Millionen. In der Zeit der letzten Kreditbewilligung 
bis zum 11. September seien anormale Ausgaben nötig gewesen, über die 
zu iprechen nicht im öffentlichen Interesse liege, die jedoch zur Finanzierung 
gewisser notwendiger Operationen dienten. Ein Teil dieses Betrages 
werde im Laufe weniger Monate zurückbezahlt sein, der Rest werde spälter 
getilgt werden. Die Gesamtausgaben des Finanzjahres betrügen bisher 
500 Millionen Pfund (— 20 Milliarden Mark). Man erwarte nicht, daß 
die Ausgaben für die Flotte während der letzten sechs Monate des Finanz- 
jahres anwachsen würden. Er glaube, daß die gesamten wöchentlichen 
Ausgaben nicht 35 Millionen übersteigen würden und daß der neue Be- 
wag bis zur dritten Novemberwoche reichen würde. Die Hauptursache des 
Steigens der Kriegskosten seien die Vorschüsse an die Alliierten. Die Gesamt- 
vorschüsse an andere Länder betragen gegen 250 Millionen Pfund, womit 
sie keineswegs die letzte Grenze erreichten. Der Betrag der täglichen Kriegs- 
konen wird wahrscheinlich nicht über 5 Millionen Pfund steigen. 
Asquith fuhr dann weiter fort: Diese Zahlen werfen ein Licht auf 
die Leistungen Englands im Kriege und widerlegen die beständigen höchst 
schädlichen Versuche, unsere Leistungen herabzusetzen und zu verkleinern. 
Vor dem Krieg hatte England eine Flotte gehabt, die ihm die Beherrschung 
der Meere sicherte, und ein Heer, das, abgesehen von den Besatzungen in 
der Heimat, ein Expeditionskorps von 150000 Mann stellen konnte. Zeétzt 
bätten sich dem Lande fast 3 Millionen Mann zur Verfügung gestellt. Die 
Gesamtverluste hätten schon 380000 überschritten; viele der Verwundeten 
seien allerdings wiederhergestellt worden. Acquith legte sodann die Lage 
der Munitionsherstellu g dar. 20 neue staatliche Geschoßfabriken be- 
fänden sich im Betriebe, 18 andere würden errichtet. 715 Werke mit 
8#000 Arbeitern ständen unter Kontrolle Lloyd Georges; in ihnen würden 
leine Privatgewinne gemacht, große weitere Fortschritte würden durch Ein- 
stellung weiblicher Arbeitskräfte gemacht. Asquith erörterte sodann die 
militärische Lage in ähnlichen Worten wie Kitchener im Oberhause 
(s. ob. S. 821 ff.) und fuhr fort: Wir durchschauen heute deutlicher als vor 
Jahren den blauen Dunst von Sophistikl und Lügen, womit Berlin uns zu 
umnebeln und die internationale Lage zu befudeln suchte. Wir erkennen 
immer deutlicher die Ehrlichkeit unserer Diplomatie und die beständige, ja 
leidenschaftliche Friedensliebe, womit wir ein weltweites Unglück abzuwenden 
machteten, und die unvermeidliche Pflicht, die uns zwang, die nationale 
Ebre zu verteidigen und die ganze Kraft für die heilige Sache der Freiheit 
einzusetzen. Wir werden weiterhin alles, was wir haben, Reichtum, Industrie. 
Intelligenz, Leben unserer Kinder, Bestand des Reiches, für diese würdige 
Sache einsetzen. Ich bezweifelte keinen Augenblick die Weisheit unserer 
Bahl oder unseren schließlichen Sieg. Das einzige Tadelnswerte ist der 
Streit im Innern. Laßt nicht unsere Kinder und Kindeskinder sagen,
	        
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