Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Großbrilannien. (Oktober 23.—27.) 845 
Churchill, der frühere Lord der Admiralität, an den Flottenverein 
Begrüßungsschreiben. 
(Wortlaut s. Beck'sche „Chronik des Deutschen Krieges“ Bd. X S. 9.) 
23. Okt. König Georg richtet eine Botschaft an das englische 
Volk, in der er zur freiwilligen Rekrutenanmeldung auffordert. 
(Wortlaut s. Beck'sche „Chronik des Deutschen Krieges“ Bd. X S. 40.) 
25. Okt. Abreise König Georgs auf den französischen Kriegs- 
schauplatz. 
26. Okt. (Unterhaus.) Auf eine Anfrage gab Grey in betreff 
des englischen Angebots der Insel Cypern an Griechen- 
land folgende Antwort: 
Wir fühlten uns verpflichtet, in der sehr kritischen Lage, in der sich 
die serbischen Verbündeten befanden, alles zu versuchen, um ihnen die ein- 
zige Hilfe, die sofort zur Verfügung stand, zu sichern. Die britische Re- 
gierung ließ deshalb wissen, daß, wenn Griechenland Serbien seine volle 
und sofortige Unterstützung gegen Bulgarien gewähre, Großbritannien bereit 
wäre, den Griechen Cypern zu geben. Da sich Griechenland nicht in der 
Lage sah, Serbien zu unterstützen, wurde die Bedingung, unter der das 
Angebot gemacht wurde, nicht erfüllt; das Angebot wurde deshalb hinfällig. 
(Ueber die abfällige Beurteilung des Angebots seitens der englischen 
und der französischen Presse vgl. Beck'sche Chronik des Deutschen Kriegs 
Bd. X S. 50 f.) 
27. Okt. (Oberhaus.) Lord Lansdowne enthüllt die ernste 
Lage Serbiens. Scharfe Kritik der Regierung wegen des 
Balkanfeld3zuges und der Wehrpflichtsfrage. 
Auf eine Anfrage Lord Loreburns über die Unternehmung auf dem 
Balkan erwidert Lord Lansdowne: Die Ereignisse entwickeln sich in Süd- 
osteuropa sehr schnell. Zwei Ereignisse der jüngsten Zeit haben eine ein- 
schneidende Veränderung der militärischen und politischen Lage mit sich ge- 
bracht. Erstens die Aenderung in der Haltung der griechischen Regierung, 
die zu einem wohlüberlegten Entschluß gelangt sei, daß das Land durch 
seine vertraglichen Pflichten nicht gebunden sei, Serbien in der heutigen 
folgeschweren Krise zu Hilfe zu kommen. Dies sei eine gründliche Ver- 
änderung der Lage. „Außerdem — es tut mir aufrichtig leid, dies sagen 
zu müssen — nimmt der Feldzug in Nordserbien einen Verlauf, daß die 
serbischen Truppen höchstwahrscheinlich dem Angriff, dem sie von den 
österreichisch-ungarischen und deutschen Truppen ausgesetzt sind, während 
die Bulgaren diesen durch einen Dolchstich in den Rücken der Serben bei- 
stehen, nicht sehr lange werden widerstehen können. Bei dieser mititärischen 
Lage sind die Verbündeten darin völlig einig, daß die Aufstellung der 
neuankommenden Verstärkungen mit Umsicht gewählt und eine Entscheidung 
angestrebt werden müsse. Wir werden versuchen, die englischen Truppen 
dazu zu verwenden, daß sie den Durchzug der Mittelmächte durch Bul- 
garien hindern. Hierüber wird noch beraten.“ 
Lord Cromer: Die Beschränkung der parlamentarischen Erörterung 
hat die Kritik in die Presse verlegt. Die Reibung hätte vermieden werden 
können, wenn die Regierung nicht alle Pläne und Handlungen mit einem 
undurchdringlichen Geheimnis umgeben hätte. Es war Pflicht der Regie-
	        
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