Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

718 Sypanien. (Dezember 2.—17.) 
2. Dez. (Senat.) Marquis Rozalejo fordert, daß die Propa- 
ganda für die französische Anleihe verboten werde, weil sie 
spanisches Kapital außer Landes ziehe. 
Der Finanzminister erklärt, eine solche Maßnahme sei unmöglich 
und unnütz. 
7. Dez. (Kammer.) Die Parteien der Minderheit bringen 
den Antrag ein, die wirtschaftlichen Fragen vor den militärischen 
zu beraten. Graf Romanones begründet den Antrag. Minister- 
präsident Dato lehnt den Antrag ab, verläßt die Kammer und 
begibt sich zum König, um den Rücktritt des Kabinetts zu 
unterbreiten. 
10. Dez. Das neue Kabinett setzt sich folgendermaßen zu- 
sammen: 
Präsident des Ministerrates: Romanones; Inneres: Alba; Aus- 
wärtiges: Villanueva; Finanzen: Urzais; Unterricht: Burell; Justiz: Bar- 
roso; Krieg: General Luque; Marine: Admiral Miranda; Arbeit: Amos 
Salvador. 
10. Dez. Der neue Ministerpräsident Graf, Romanones gibt 
folgende Erklärung ab: " 
Das neue Kabinett wird die Politik des früheren Kabinetts fortsetzen. Es 
wird die strengste Neutralität gegenüber allen Kriegführenden beobachten. 
Es wird alle Anstrengungen unternehmen, um die Lösung des wirtschaft- 
lichen Problems zu erleichtern, mit welchem das Parlament befaßt ist. Es 
nimmt die ihm von der gegenwärtigen Mehrheit angebotene Mithilfe an, 
würde jedoch, falls es zur Ansicht gelangen sollte, diesen Beistand nicht 
benutzen zu können, eine neue Kammer einberufen. Das neue Kabinett 
werde zunächst die mit der Landesverteidigung eng verknüpfte militärische 
Reorganisierung und sodann die Fragen bezüglich der Nahrungsmittel-, 
Arbeits-, Ausfuhr- und Kreditschwierigkeiten in Angriff nehmen. Dabei 
werde es keineswegs die der öffentlichen Meinung gegenüber übernommenen 
Verpflichtungen außer acht lassen; aber die wirtschaftlichen und finanziellen 
Probleme seien die dringlichsten. Romanones schließt mit der Versicherung, 
daß die Regierung eine ausgesprochene liberale Politik verfolgen werde. 
12. Dez. Beurteilung des neuen Kabinetts. 
Mella änußert, daß die neue Regierung durch ihre auswärtige Politik 
die Neutralität besser gewährleiste als die bisherige, die sich durch die 
Duldung des Schmuggels, den Besuch des Generals Lyautey in der spanisch- 
marokkanischen Zone (der in Wirklichkeit eine Inspektionsreise war) und 
vieles andere einer verdächtigen Neutralität schuldig machte. 
Die Erklärung der Regierung, daß auch sie für unbedingte Neutralität 
eintreten wird, findet beifällige Aufnahme in den Zeitungen aller Rich- 
tungen. „El Paris“ z. B. bemerkt, daß zwar Villanueva, der Minister des 
Aeußeren, deutschfreundlich sei, daß aber Graf Romanones gleichsam als 
Gegengewicht Amos Salvador in das Ministerium berief, der wirklicher und 
alleiniger Urheber des Zeitungsartikels „Selbstmörderische Neutralitäten“ ist. 
17. Dez. Im Ministerrat tritt der Minister für öffentliche 
Arbeiten in Anbetracht der zahlreichen Verkäufe spanischer
	        
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