Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

frntreich. (Februar 16. 18.) 897 
auf den Handel mit Deutschland, Österreich-Ungarn und die Türkei 
entfallen. 
16. Febr. Die Admiralität erließ für alle nach der Nordsee 
und dem Kanal verkehrenden Dampfer den Befehl zur Führung 
neutraler Flaggen. 
16. Febr. In der Kammer bildet sich eine neue Gruppe: „La 
groupe de la défense nationale"“, zu deren Gründern die 
früheren Minister René Renould und Raynaud gehören. 
16. Febr. Das zweite Pariser Kriegsgericht sprach im Revisions- 
verfahren die der Hehlerei beschuldigten deutschen Militär- 
ärzte Schulz und Davidsohn, sowie die 7 anderen Mitglieder der 
Sanitätsabteilung des II. deutschen Armeekorps frei. 
18. Febr. In der Kammer richtet der Abg. Chaumet an den 
Ministerpräfidenten Viviani eine Anfrage über die Tagesordnung der 
Londoner Sozialistenkonferenz, an der die französischen Minister 
Sembat und Guesde teilnahmen, und bei der u. a. ein Protest gegen 
das russische Regime zur Annahme gelangte. Auch die Frage, ob die 
Verletzung der belgischen Neutralität die Ursache des englischen 
Eingreifens in den Krieg gewesen sei, sei dort von den englischen 
Sozialisten bestritten worden (s. Großbritannien 14. Februar). 
Chaumet erklärt, diese Tagesordnung habe die öffentliche Meinung 
um so stärker beeinflußt, als zwei Mitglieder der Regierung an der Kon- 
serenz teilgenommen hätten. Es sei zu bedauern, daß diese Minister nicht 
die gleiche Zurückhaltung beobachtet hätten, die der Presse auferlegt sei. 
Ministerpräsident Viviani erklärt, daß die Richtlinien der Regierungs- 
volitik unverändert seien und gegenüber den Verbündeten von gleicher Herz- 
lichkeit wie bisher blieben. Er bekräftige erneut, daß die Verantwortung für 
die augenblicklichen Ereignisse Frankreichs Feinden zur Last falle. Die 
Regierung wiederhole, daß sie ohne Schwäche und ohne Ermatten in Ueber- 
einnimmung mit den Verbündeten den Krieg bis zum Ende, bis zur Befreiung 
Europas, bis zur materiellen und politischen Wiederherstellung Belgiens, 
bis zur Wiedereinverleibung Elsaß-Lothringens fortsetzen werde. 
„Wenn wir die Wiedereinverleibung dieser Provinzen verwirklicht haben, 
können wir sagen, daß sie nicht durch Eroberung, sondern durch Restitution 
zu uns zurückgekommen sind. Laut Vertrag vom 4. September kann die 
Regierung eine friedliche Lösung nur gemeinsam mit den Verbündeten er- 
wägen, deren Treue in diesen Prüfungen das heilige Bündnis noch enger 
genaltet, jenes Bündnis, das die Sache der Zivilisation und des Rechts 
retten und Europa, ja vielleicht die ganze Welt retten wird; denn der 
Triumph des preußischen Militarismus wäre die Vernichtung aller Frei- 
heiten. Nicht nur die Regierungen reden so, sondern auch die verbündeten 
Völker selber, die um den gemeinsamen Gedanken geschart sind, wissen, daß 
der Triumph des deutschen Imperialismus der Zusammenbruch ihrer Frei- 
heiten sein wird. Niemals hat die Geschichte ein solches Schauspiel gesehen!“ 
Viviani beschwört schließlich das Parlament, seine Pflicht zu tun, Konflikte 
zu vermeiden und Mißverständnisse zu zerstreuen statt zu verschärfen. 
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