898 Krankrrich. (Februar 21.—März 1.)
21. Febr. Nach der Gruppe der „Nationalen Verteidigung“
(s. 16. Februar) bildet sich in der Kammer noch eine neue Ver-
einigung, genannt „La groupe de la démoeratie sociale“.
Diese Gruppe, die sich aus Mitgliedern der radikalen Partei zu-
sammensetzt, möchte nach dem erwarteten Siege die Wunden des Krieges
heilen und insbesondere den Handel und die Industrie in Frankreich
fördern; sie erklärt, sie wolle eine weitblickende praktische Politik treiben,
wie es die Notwendigkeit der nationalen Reorganisation erfordere.
24. Febr. In einer vom Kriegsministerium angeordneten, zu-
nächst nicht für die Offentlichkeit bestimmten Statistik wird die Zahl
der vom 1. August bis 1. Februar Gefallenen auf rund 2500000,
die der Verwundeten auf 700000 und die der Gefangenen, Ver-
mißten usw. auf 200 000 angegeben.
27. Febr. Das allgemeine Moratorium wird um weitere
sechzig Tage bis zum 1. März verlängert.
27. Febr. Der frühere französische Arbeitsminister Dves Guyot
hat am Donnerstag in London einen öffentlichen Vortrag über die
Friedensbedingungen der Verbündeten gehalten.
Er erklärt, man müsse dem Beispiel folgen, das Napoleons Gegner
gegeben haben, als sie 1815 sich weigerten, über den Frieden zu verhandeln,
bevor sich nicht Napoleon in ihre Hände begeben habe. Die Verbündeten
müßten sich entschieden weigern, mit den Hohenzollern zu verhandeln. Das
sei die erste Bedingung. Preußen müßte die Rheinprovinz und Westfalen
abtreten, damit sie ein eigenes Reich bildeten. Alles, was Preußen 1815
erhalten habe, müsse zurückgegeben werden. Die Annexion von Schleswig-
Holstein müsse aufgehoben werden und Frankreich Elsaß-Lothringen zurück-
fordern, sowie das Territorium, das Frankreich 1815 an Preußen ab-
getreten hat. Mehr dürfe Frankreich in Europa nicht verlangen. Belgien
dürfe sein Landgebiet nicht erweitern; davon könne gar keine Rede sein.
Der Kieler Kanal müsse neutral, das Königreich Polen wieder errichtet
und Rußland der Besitzer Konstantinopels werden. Die deutschen Kolonien
würden unter England, Frankreich und Japan verteilt werden. Die neu-
tralen Mächte hätten an den Friedensverhandlungen nicht teilzunehmen.
W. Febr. Der ursprünglich deutsche, inzwischen in amerikanisches
Eigentum übergegangene Dampfer „Dacia“, der von New ork
mit amerikanischer Fracht nach Europa in See gegangen war, wurde
von einem französischen Kreuzer aufgebracht und nach Brest über-
geführt.
Die Beschlagnahme unterliegt noch der Entscheidung des Prisengerichts.
Näheres s. Beck'sche „Chronik des Deutschen Krieges“ Bd. III S. 419 und
BPDd. VI S. 323.
1. März. Die Regierung kündigt gemeinsam mit der Regierung
Großbritanniens in einer an die Regierungen neutraler Staaten ge-
richteten Erklärung Vergeltungsmaßregeln gegen die deutsche
Seekriegführung an. (Siehe Großbritannien 1. März.)