Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Erankrei. (Mãrz 2. - 12.) 899 
2. März. Der erste Austausch der schwerverwundeten Franzosen 
und Deutschen hat von Konstanz und Lyon aus begonnen. 
Siehe Näheres Bech'sche „Chronik des Deutschen Krieges“ Bd. IV S. 40. 
4. März. (Kammer.) 
Finanzminister Ribot bringt einen Antrag auf Erhöhung des Aus- 
gabebetrages der Staatsschatzscheine von 3⅛½ auf 4⅛/ Milliarden ein, 
desgl. einen Antrag betreffend die Summe von 1350 Millionen, die Bel- 
gien, Serbien, Montenegro und Griechenland vorgestreckt werden soll. 
Das Gesetz betreffend die Beschränkung des Alkoholausschankes 
wird in der Gesamtabstimmung mit 472 gegen 95 Stimmen angenommen. 
Abg. Paul Meunier bringt einen dringlichen Antrag ein auf Auf- 
bebung des politischen Belagerungszustandes in Frankreich und Wieder- 
zulassung der Preßfreiheit. Ministerpräsident Viviani stellt fest, daß 
das Parlament den Belagerungszustand anerkannt habe. Die Stunde, ihn 
aufzuheben, sei noch nicht gekommen. Die Presse selbst habe das Presse- 
düro eingerichtet. Wenn Fehler vorgekommen seien, so seien sie im guten 
Glauben begangen worden. Im übrigen gebe es keine politische Zenfur. 
Jede Meinung könne geäußert werden, sofern sie nicht beleidigend oder 
verleumderisch sei und dadurch die Bevölkerung erregen könne. Mennier 
erwidert, die Verhältnisse hätten sich genügend geändert, um eine Ab- 
schaffung des Belagerungszustandes zu gestatten. Er nehme jedoch Kenntnis 
von der Erklärung der Regierung und ziehe seinen Antrag zurück. 
Endlich bringt der Kriegsminister zwei Gesetzvorlagen über die Ein- 
berufung der Jahresklasse 1916 und die Vorbereitung der Aushebung 
für Jahresklasse 1917 ein. 
8. März. (Algier.) Das französische Schiffahrtsmonopol wird 
wegen Mangels an französischen Schiffen auf die englische und 
belgische Flagge ausgedehnt. 
Der Antrag der algerischen Handelskammer, auch die italienische zu- 
zulassen, wird abgelehnt. 
12. März. Die Kammer nimmt ein Gesetz an, das jede Han- 
delsbeziehung mit Deutschland und Csterreich-Ungarn untersagt. 
Bei der Beratung führt Justizminister Briand aus, der Handel der 
Feinde Frankreichs müsse auf jede Art behindert und in Frankreich un- 
möglich gemacht werden. Zu diesem Zwecke sei zunächst alles feindliche 
Eigentum in Frankreich, das für Frankreich ein wirtschaftliches Pfand dar- 
stelle, beschlagnahmt worden. Um dieses Pfand nicht zu schwächen, dürse 
es nicht liquidiert werden. Die Beschlagnahme bilde eine Ergän3zung zum 
Handelsverbot. Der französische Handel müsse sich jetzt organisieren, um 
den wirtschaftlichen Aufschwung Frankreichs zu vollenden. Handelsminister 
Thomson erklärt, die Regierung bezwecke durch das Handelsverbot, daß 
die französischen Handeltreibenden sich von jeder wirtschaftlichen Abhängig- 
keit vom Auslandshandel lösen und endlich Frankreichs wirtschaftliche Un- 
abhängigkeit sichern sollten. Das Verbot gilt vom 4. August 1914 ab für 
Deutschland und vom 13. August 1914 ab für Oesterreich-Ungarn und be- 
sitzt für die ganze Kriegsdauer bis zu einem später festzusetzenden Zeit- 
punkt Gültigkeit. Vor obengenannten Zeitpunkten abgeschlossene Verträge 
und Abmachungen bleiben während der Dauer des Verbots suspendiert 
und können durch Entscheidung der Zivilgerichte für nichtig erklärt werden,
	        
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