Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

904 frankreich (April 3.—25.) 
sei, sie seien sich ihrer nationalen Pflichten bewußt und bereit, zur Sicherung 
des Wohles und der Freiheit der Völker alles zu bewilligen, was notwendig 
sei. Immerhin hoffe er, daß Frankreich sein Ziel, den Sieg, erreichen werde, 
bevor noch die Einberufung der Jahresklasse 1917 notwendig geworden sei. 
Die Kammer vertagt sich sodann bis zum 29. April. 
3. April. Der Senat nimmt die Gesetzanträge betr. Ein- 
berufung der Jahresklasse 1917, ferner betr. Ungültigkeitserklärung 
der Naturalisierung feindlicher Ausländer und 3. betr. die strafrecht- 
liche Verfolgung französischer Bürger, die das Verbot des Handels 
mit dem Feinde übertreten, an. 
7. April. Das Amtsblatt veröffentlicht das Gesetz, durch das 
der Handelsverkehr mit dem feindlichen Ausland unter 
Strafe gestellt wird. 
Das Gesetz bedroht mit einer Gefängnisstrafe von 1 bis 5 Jahren 
und einer Geldstrafe von 500 bis 20000 Franken oder mit einer von diesen 
beiden Strafen jeden, der unter Uebertretung der Verbote direkt oder 
indirekt Handelsgesetze oder Verträge abschließt oder abzuschließen versucht 
mit Staatsangehörigen des feindlichen Auslandes oder mit Personen, die 
im feindlichen Auslande ansässig sind. 
17. April. Das Amtsblatt veröffentlicht ein Dekret, wonach das 
Moratorium für Handelseffekten und Depositengelder auf weitere 
90 Tage verlängert wird. 
25. April. Präsident Poincaré überreicht in der Champagne 
mehreren neugebildeten Regimentern ihre Fahnen und hält dabei 
folgende Ansprache: 
Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten! Ich überbringe Euren neuen 
Abteilungen den herzlichen Gruß des Vaterlandes. Eure gleichzeitig in den 
nördlichen Gegenden, im Zentrum und im Süden rekrutierten Regimenter 
bringen in ihrer Zusammensetzung die enge Solidarität der verschiedenen 
Teile des Landes zum Ausdruck. Eure aus jungen und alten Leuten zu- 
sammengesetzten Regimenter bringen in derselben Pflicht und in derselben 
Hoffnung die folgenden Generationen einander nahe und zeigen in einem 
rührenden Beispiel, daß die französische Einigkeit in der Zeit wie auch im 
Raume unzerstörbar ist. Im Namen dieses unbesiegbaren und unsterblichen 
Frankreichs, das viele von Euch schon seit mehreren Monaten so tapfer ver- 
teidigen und für das die anderen brennen, ihrerseits in den Kampf zu 
ziehen, vertraue ich Euch die Fahnen an, die künftig Euer Einigungszeichen 
sein werden und die Ihr zum Siege führen werdet. Richtet Eure Blicke 
fest auf die drei Farben, sie sind das Wahrzeichen der militärischen Ehre 
und der nationalen Unabhängigkeit, das Symbol all dessen, was Ihr heute 
mit den Waffen zu beschützen oder zu rächen habt: Euer Geburtsland, noch 
beschmutzt durch die ohnmächtige Wut des Feindes, Eure Herde, an die Ihr 
eines Tages mit Ruhm gekrönt zurückkehren werdet, Eure alten Väter, Eure 
Mütter, Eure Frauen und Kinder, die mit einem ruhigen Mute Cuch in 
den Arbeiten auf dem Lande und in der Werkstätte ersetzen, und auch die 
Provinzen, die uns ehedem mit Gewalt entrissen wurden und 
die ihre Befreiung erwarten. Und auch die große Vergangenheit, 
deren würdige Erben Ihr seid, das geheiligte Gut unserer Uberlieferung,
	        
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