Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Frankreiq. (Juli 1. - 14.) 915 
Kampfwaffen. Frankreich sei entschlossen, seinen Gegnern auf allen Gebieten 
zu folgen, welche Waffen sie auch anwenden mögen. 
1. Juli. Zwei neue Unterstaatssekretariate im Kriegsministerium 
sollen errichtet werden. 
Sie sind für Leitung des Gesundheitsdienstes, der Intendantur und 
des Transportwesens bestimmt. 
1. Juli. Der Betrag der dem Staate von der Banque de 
France zu leistenden Vorschüsse wird auf 9 Milliarden erhöht. 
6. Juli. Die Ladung der „Dacia“, die als gute Prise erklärt 
wurde, wird am 27. Juli versteigert (s. oben unterm 28. Februar). 
8. Juli. Das Amtsblatt veröffentlicht ein Dekret, durch das 
die Ausfuhr von Gold verboten wird. 
8. Juli. (Kammer.) Vertrauensvotum für Kriegsminister 
Millerand. 
Der Deputierte Favre bringt eine Interpellation wegen der Errich- 
tung der neuen Unterstaatssekretariate im Kriegsministerium ein. Er wirft 
Millerand vor, daß er sich zuerst einen, dann zwei weitere Unterstaats- 
sekretäre habe aufzwingen und seiner Würde und Autorität habe Abbruch 
ltn lassen, und verlangt den Rücktritt des Kriegsministers. Minister- 
präsident Viviani verteidigt den Kriegsminister und stellt die Vertrauens- 
frage. Die Kammer nimmt die Vertrauenstagesordnung mit allen gegen 
zwei Stimmen an. 
9. Juli. (Kammer.) Der Deputierte Tournan u. a. bringen 
einen Gesetzesantrag ein auf Einführung einer Kriegssteuer auf 
alle Einkommen, die seit dem Beginn des Krieges gleichgeblieben 
oder gestiegen find. 
Einkommen bis 2400 Franken sollen unbesteuert bleiben. Der steuer- 
freie Betrag erhöht sich um 100 Franken für jeden Monat, währenddessen 
das Familienoberhaupt mobilisiert ist, um 600 Franken für jede Person, 
welche vom Familienoberhaupte ernährt wird. 
9. Juli. Der italienische General Porro trifft zu Besprechungen 
mit Poincaré, Viviani und Delcassé in Paris ein. 
11. Juli. In Calais findet eine französisch-englische Minister- 
konferenz statt, an der auch die Generale Joffre und French teil- 
nehmen (s. Großbritannien). 
14. Juli. Präsident Poincar hält bei Gelegenheit der Beisetzung 
der Uberreste Rouget de Lisles im Invalidendom folgende Rede: 
Die Umstände, unter denen Rouget de Lisle seine Hymne (die „Mar- 
seillaise#“) komponierte, entsprechen den heutigen. Die französische Demo- 
kratie, weit von jedem kriegerischen Geist entfernt, ist den Herausforderungen 
gegenüber schweigsam und unentwegt geblieben und hat sich bemüht, das 
europäische Konzert zu organisieren und zu erhalten. Nach Tanger, nach 
Agadir und nach den Balkankriegen hat Frankreich seinen Friedenswillen 
betärigt, indem es in neue Unterhandlungen einwilligte, um zwischen Deutsch- 
land und sich die letzten latenten Gründe für Schwierigkeiten und Zu-
	        
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