Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

936 f####lreich. (November 3.) 
vielen Jahren ertragen. Frankreich störte den Frieden nicht, indem es allen 
Herausforderungen widerstand. Es tat alles, um den Frieden zu erhalten. 
Es ist das Opfer eines vorbedachten Angriffes, den kein Sophismus jemals 
wird rechtfertigen können. Man zwang ihm den Krieg auf, den es furchtlos 
annahm. Es wird erst einhalten, wenn der Feind zur Ohnmacht nieder- 
gerungen sein wird. Frankreich wird den Frieden erst nach der Wieder- 
herstellung des Rechtes durch den Sieg, erst wenn es alle Gewähr für 
einen dauerhaften Frieden erhalten haben wird, unterzeichnen. Dieses Ziel 
werden die Völker durch ihre praktische und enge Solidarität erreichen, die 
ihren Zusammenschluß täglich fester knüpft und die jetzt wieder durch den 
Beitritt Japans zum Abkommen vom 5. September 1914 verstärkt wurde, 
wodurch die Mächte die feierliche Verpflichtung eingingen, keinen Sonder- 
frieden zu schließen. Aber wir sind der Ansicht, daß die Anstrengungen 
der alliierten Nationen noch vollkommener und schneller in Einklang mit- 
einander gebracht werden können und müssen. So schwer es auf verschie- 
denen und so entfernten Schauplätzen durchzuführen sein mag, sind wir 
doch entschlossen, es durch engere und immer intimere Fühlung zu ver- 
wirklichen. Schon gestatteten es die Reisen des Generals Joffre nach Italien 
und England, und der Empfang, der ihm bereitet wurde, sowie die zwischen 
den Generalstäben gefaßten Entschlüsse den alliierten Nationen, ihre gegen- 
wärtige und zukünftige Handlungsweise einander anzupassen. Dem Rufe 
Serbiens Folge gebend, eilte Frankreich ihm sofort zu Hilfe. Wir sind mit 
der englischen Regierung völlig einig über die Führung der militärischen 
Unternehmungen auf dem Balkan. Frankreich und seine Verbündeten werden 
die heldenhafte Nation, deren Widerstand die Welt zur Bewunderung zwingt, 
nicht im Stiche lassen. Das augenblickliche Unternehmen Deutschlands auf 
dem Balkan bezeugt den Mißerfolg seiner Bemühungen auf den Haupt- 
kriegsschauplätzen. Weil seine Offensive auf der französischen und russischen 
Front gebrochen wurde, unternimmt es jetzt diesen ablenkenden Schritt. 
Es sucht dadurch die Meinung der Welt in Atem zu halten, nachdem so 
viele Monate verstrichen sind, ohne daß die von einer zügellosen deutschen 
Propaganda angekündigten Erfolge eintraten, und da sich jetzt die Anzeichen 
der Schwäche unter dem Schein der Kraft zu enthüllen beginnen. Deutsch- 
lands Hoffnungen werden enttäuscht werden. Die Mittemächte werden ihre 
Niederlage hinausschieben, aber sie nicht verhindern können. Wir dagegen sind 
entschlossen, bis zu Ende zu gehen. Unsere Feinde dürfen auf keine Mattig- 
keit und Schwäche unsererseits zählen. Nachdem wir unsere Aufgabe ermessen 
haben, so hart sie auch sein mag, wollen wir sie bis zu ihrem notwendigen 
Abschluß fortsetzen. Wir haben den Willen, zu siegen. Wir werden siegen. 
In der Kammer nimmt die Regierung die sofortige Be- 
sprechung der Regierungserklärung an. 
Der Sozialist Baronowski billigt die Erklärung der Regierung und 
erklärt, die Abgeordneten würden der Regierung folgen, wenn sie wirklich 
eine starke Regierung sei, welche regiere. Der Redner bittet die Regierung 
dringend, einen Kriegsrat zu errichten, der es den Westmächten gestatte, 
einen gemeinsamen Plan zu verfolgen. Er fordert schließlich die Einführung 
geheimer Sitzungen. Rameik interpelliert über die Handhabung der Zensur. 
Der Liberale Constant fragt, was die Absichten der Regierung seien be- 
züglich der in Frankreich gebliebenen Oesterreicher und Deutschen. Der 
Sozialist Renaudel greift in der Kammer die Einwendungen wieder auf, 
welche gegen die Methoden der parlamentarischen Arbeit gemacht worden 
waren. Er tritt für Beständigkeit und Einheit in der Leitung der militä- 
rischen und finanziellen Unternehmungen ein. Der frühere Minister Bérard
	        
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