Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

996 Stalien. (Dezember 2.4.) 
Präsident, daß die Italiener aus allen Gegenden und aus den entferntesten 
fremden Ländern unter die Fahnen herbeigeeilt seien, und sagt: Unsere 
Soldaten überwinden als ein Volk, unter der Führung eines weisen Befehls- 
habers, von einem auch bei ihren Feinden schon anerkannten Mut beseelt, 
von kühnen Führern aller Grade befehligt, mit Unerschrockenheit alle Schwierig- 
keiten des Krieges, der noch härter wird durch die Natur der Gegend und 
durch alle möglichen Hinterhalte, die der Verbündete von gestern im Hin- 
blick auf den gegen uns geplanten Angriff seit langen Jahren vorbereitet 
und mit Hilfsmitteln von unerhörter Grausamkeit ausgerüstet hat. Marcora 
rühmt den König mit den Worten: Er ist unser Stolz und ist uns ein 
Vorbild an Tapferkeit. Er ist in der Schlacht immer zur Stelle, verachtet 
jede Gefahr und ist voll Hingebung für den schlichten Mann, der ihn an- 
betet. Unsere Matrosen sind die wachsamen Hüter unserer Küste, aber sie 
warten ungeduldig auf die ersehnte Stunde der Vergeltung. 
Der Redner sagt weiter: Das Volk hat die barbarischen Angriffe gegen 
wehrlose Städte, gegen unbewaffnete Schiffe und Menschen, gegen künstle- 
rische Kostbarkeiten mit unerschütterlicher Ruhe hingenommen. Ueberall, von 
den niedrigsten Hütten bis zum Königspalast, wird unter der Führung der 
beiden Königinnen daran gearbeitet, die Kämpfer auf jede mögliche Weise 
zu unterstützen. Der Präsident grüßt mit Ehrerbietung die ruhmreichen 
Gräber der auf dem Felde der Ehre gefallenen Kämpfer. Er entbietet seinen 
Gruß dem König, den Prinzen, der Armee, der Flotte, dem ganzen Volk 
und dem Parlament, in der sicheren Erwartung, daß die Eintracht und 
Standhaftigkeit des ganzen Landes unverweilt jeder Forderung Rechnung 
tragen werden, die durch den Krieg notwendig werden kann, selbst wenn 
der Weg, der zurückgelegt werden müsse, lang und schwierig sei. In un- 
erschütterlichem Vertrauen fest an unsere Verbündeten geschlossen, werden 
wir ihn mit Seelenruhe und im Vertrauen auf den endgültigen Sieg 
durchschreiten. Der Präsident schloß: Italien hat sich erhoben, um die 
Grundsätze der Nationalität, der Freiheit, der Zivilisation und der Ge- 
rechtigkeit zu verteidigen, nicht nur um seiner selbst willen, sondern auch 
für die ganze Welt. 
2.4. Dez. (Kammer.) Die Besprechung der Regierungserklä- 
rungen schließt am 4. mit einem Vertrauensvotum für die Regierung. 
Der Abgeordnete Treves verspricht am 2. namens der offiziellen 
Sozialisten, daß sich die sozialistische Partei der höchsten Notwendigkeit 
bewußt zeigen werde. Sie werde die nationale Eintracht nicht stören und 
ihre Handlungsweise von dieser Notwendigkeit leiten lassen. Er wünscht 
eine Beschränkung der Zensur auf militärische Nachrichten und drückt seine 
Befriedigung über die Einberufung des Parlaments aus. Das italienische 
Volk ertrage in bewundernswerter Weise die Opfer des Krieges. Er be- 
mängelt die Balkanpolitik des Vierverbandes und bedauert die Prüfungen, 
die das edelmütige serbische Volk jetzt durchmachen müsse. Indem er Kennt- 
nis nimmt vom Anschluß Italiens an den Londoner Vertrag, wünscht er, 
daß die italienischen Interessen in billiger Weise gewahrt würden. Der 
Sozialismus, der im Kriege nicht tot sei, verlange einen Frieden, der nicht 
die äußerste Erschöpfung der Staaten bedeuten würde, einen Frieden 
ohne Annexion, der die Rechte und Freiheiten der Völker achte, wie er 
durch den Sozialistenkongreß in Zimmerwald umschrieben worden sei. Nach 
dem Kriege, nach so viel Leiden und Sterben werde das Leben seine Rechte 
wieder fordern. 
Am 3. Dez. hebt Lucci (Sozialist) die bewundernswerte Gelassenheit 
und Seelenruhe des italienischen Volkes hervor und betont die Notwendig-
	        
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