Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

730 Grehbritannien. (Februar 3.—8.) 
erklärt (s. „Das Deutsche Reich“ oben S. 66), äußert sich die englische 
Presse äußerst erregt. 
4. Febr. Zum Kanzler des Herzogtums Lancaster als Nach- 
folger Mastermans, der keinen Sitz im Parlament mehr hat und 
daher seine Entlassung aus dem Kabinett nimmt, wird der Unter- 
staatssekretär Montagu ernannt. 
Dessen Nachfolger wird der Unterstaatssekretär des Aeußeren, Acland. 
Zum Unterstaatssekretär des Acußeren wird Neil Primrose, der Sohn 
Lord Roseberys, zum Unterstaatssekretär des Junern als Nachfolger Griffsiths 
wird Cecil Harmsworth ernannt. 
6. Febr. (Unterhaus.) Me. Kenna gibt eine Ziffernauf- 
stellung der in England weilenden feindlichen Ausländer. 
Er konstatiert, daß 22000 männliche feindliche Ausländer in den 
Polizeidistrikten der Haupistadt in Freiheit seien, von denen ungefähr 
16/00 im militärpflichtigen Alter stünden. In der verbotenen Gegend, an 
der Ost= und Südküste, seien am 1. Jannuar 965 männliche und 2302 weib- 
liche feindliche Ausländer gewesen. Ungefähr 2700 Ausländer seien durch 
das Kriegsamt seit dem 12. Oktober in Freiheit gesetzt worden. 62 Deutsche 
und Oesterreicher, die freigelassen worden seien, hätten im Londoner Holel- 
gewerbe Beschäftigung gefunden. 
Runciman teilt mit, daß bisher 384000 Pfund Sterling, die An- 
gehörigen feindlicher Staaten gehörten, von den öffentlichen Kustoden und 
der Verwaltung übernommen worden seien. 
8. Febr. Das Ministerium des Außern gibt folgende Erklärung 
zur Rechtfertigung seiner Vorschrift betr. den Gebrauch neutraler 
Flaggen (s. unterm 31. Januar) aus: 
Der Gebrauch der neutralen Flagge ist mit einiger Einschränkung in 
der Praxis als Kriegslist als berechtigt anerkannt. Das einzige Resultat 
des Gebrauchs einer anderen Flagge als die eigene nationale Flagge bei 
Handelsschiffen war bisher, daß der Feind gezwungen wurde, den gewöhn- 
lichen Regeln der Kriegführung zur See zu folgen und eine Untersuchung 
nach der Nationalität und der Art der Ladung des Schiffes einzuleiten, 
bevor das Schiff aufgebracht und vor einen Prisenhof zur Entscheidung 
gestellt wurde. Die britische Regierung hat stets den Gebrauch der britischen 
Flagge durch ein fremdes Schiff als berechtigt erachtet, wenn dies geschah, 
um einer Kaperung zu entkommen. Eine solche Handlungsweise ist nicht 
allein keine Verletzung des Bölkerrechts, sondern sie ist ausdrücklich durch 
das britische Gesetz als berechtigt anerkannt. In der britischen Handels- 
schissahrtsakte (Aerchant Shipping Act) von 1894 wird in § 69 gesagt: 
„Wenn jemand die britische Flagge gebraucht und den britischen National- 
charakter an Bord eines Schiffes annimmt, das ganz oder zum Teil Eigentum 
ist von Personen, die nicht berechtigt sind, ein britisches Schiff zu besitzen, 
und es geschieht zu dem Zwecke, dem Schiffe das Aussehen eines britischen 
Schiffes zu geben, dann soll dieses Schiff beschlagnahmt werden, ausgenommen 
in dem Falle, daß diese Vortäuschung bewirkt wurde, um der Kaperung 
durch einen Feind oder durch ein fremdes Kriegsschiff in der Ausübung 
des Kriegsrechtes zu entgehen.“ Und die Instruktion an die britischen 
Konsuln sagt: „Ein Schiff ist der Beschlagnahme unterworfen, wenn es den 
britischen Charakter unberechtigt angenommen hat, ausgenommen, wenn
	        
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