1012 Rämisqe Kurie. (Dezember 25.)
25. Dez. Weihnachtsansprache des Papstes an die Kardinäle.
Der Papst hebt in seiner Antwortrede auf die Adresse des Dekans
des Kollegiums der Kardinäle zunächst hervor, daß auch in diesem Jahre
eine trübe Wolke die glückselige Weihnachtsfeier verhülle.
In der Tat, sagt der Papst, wenn wir unsere Blicke nach benach-
barten und fernen Gegenden wenden, sind wir von dem Anblick dieser
Menschenschlächterei erschüttert. Und wenn wir im vergangenen Jahre unter
ahnlichen Umständen die Ausdehnung der Wirkungen des furchtbaren Streites
bedauerten, so müssen wir heute die maßlose Hartnäckigkeit beklagen, die
durch mörderische Vorkommnisse noch verschlimmert wird, welche aus der
Erde ein Hospital und ein Beinhaus gemacht und den anscheinenden Fort-
schritt der Zivilisation in eine Rückkehr zum Antiklerikalismus umgewandelt
haben. Der Papst fügt hinzu, daß er mit wohlwollendem und väterlichem
Geiste die Wünsche des heiligen Kollegiums für eine weniger unheilvolle
Zukunft für den Papst, die Kirche und die Gesellschaft entgegennehme. Er
empfange sie um so freudiger, als er den Wert der Gebete erkenne, welche
das heilige Kollegium während des Wütens des Sturmes an jenen richte,
der allein den Sturm beschwören könne. Wie oft, fährt der Papst fort,
haben wir uns während unseres Pontifikats mit unserem Herzen zum Ge-
bete als dem einzigen Heil geflüchtet. Als wir im Augenblicke der größten
Erschütterung der Weltgeschichte zur Regierung der Kirche berufen wurden,
gaben wir uns der Hoffnung hin, daß unser guter väterlicher Wille nicht
ohne Frucht für unsere unglücklichen Kinder bleiben werde. Leider aber
war dies vergeblich. Während sechzehn Monaten fest in der Verfolgung
unseres barmherzigen Zieles ausharrend, sahen wir, daß unsere Tätigkeit
zum größten Teile unfruchtbar blieb, und obgleich unsere Stimme sich vor-
nahm, nicht zu schweigen, bis sie einen Widerhall in weniger harten Herzen
gesunden, sahen wir, wie sie allzu häufig ins Leere fiel, vox clamantis in
deserto. Jeder Wille, jede Absicht, jedes Ideal zerbrach im Gegenteil an widri-
gen Umständen, und auch in dieser Hinsicht muß man erkennen, daß wir
wenig oder nichts vermocht haben. Gleichwohl ist unsere Zuversicht nicht er-
schüttert. Wir hegen im Herzen als Apostel der Völker eine große Hoffnung.
Gegen alles menschliche Hoffen stellen wir unsere Zuversicht nur auf Gont.
Der Papst kommt dann auf das Weihnachtsfest zu sprechen und sagt,
daß er eine Quelle froher Erwartung in der Wiederkehr dieses Tages finde,
wo selbst die barbarische, heidnische Welt friedfertig ward und der in seiner
Wesenheit friedliche König in seiner mildesten Gestalt zu den Menschen
hinabstieg. Der Papst spricht weiter von Maria, der Mutter des Friedens-
fürsten, der Mittlerin zwischen den widerspenstigen Menschen und dem all-
barmherzigen Gott, derjenigen, die immer zum Heile der seufzenden Mensch-
heit in der Stunde der Gefahr vermittelt und sich heute unseren Bitten
anschließen wird. Darum habe er eingewilligt, daß in die laure-
tanische Litanei die Anrufung der Friedenskönigin eingefügt
werde. Er spreche seine Zuversicht aus, daß Maria in der Weihnacht den
Stimmen der unschuldigen Kinder lächeln werde, welche er und der Episkopat
bei dieser schönen Feier zum Tische des heiligen Abendmahles gerufen.
Wenn der Mensch sein Herz hart macht und der Haß wütet, wenn Feuer
und Schwert rasen und die Welt von Waffen und Wehklagen widerhallt,
wenn die Entwürse der Menschen sich als trügerisch erweisen, dann zeigen
uns der Glaube und die Geschichte als einziges Heil die flehende Allmacht,
die Mittlerin aller Gnaden, Maria. Dann sagen wir mit gerechter Zu-
versicht: Regina Pacis, ora pKro nobis.