Schweiz. (April 9.— Mai 25.) 1015
Förderung der inländischen Produktion. In letzterer Hinsicht sollte der
Bund jährlich ein gewisses Quantum inländisches Getreide zu Vorzugs-
preisen ankaufen. Nachdem mehrere Redner dieser Anregung zustimmen,
wird die Weiterberatung verschoben.
. April. (Nationalrat.)
Der Bundesrat sagt zu, sich mit der sozialdemokratischen Motion be-
trefsend Abschaffung politischer Ehrenfolgen für Konkursiten und
fruchtlos Gepfändete zu befassen. Die Sozialdemokraten bringen eine Inter-
pellation ein, worin der Bundesrat gefragt wird, warum er seit Kriegs-
beginn den Export von Milch, Käse und Schokolade zulasse, und
welche Maßnahmen er zu ergreifen gedenke, um eine Verteuerung dieser
Lebensmittel zu verhüten.
13. April. (Nationalrat.) Beratung der Kriegssteuer.
Die Vertreter aller Gruppen geben zustimmende Erklärungen ab.
Bundespräsident Motta gibt seiner Freude über diese Einstimmigkeit Aus-
druck und führt Zahlen an, welche die Notwendigkeit der Vorlage be-
weisen. Der Ausgabenüberschuß im Jahre 1914 wird 22 Millionen Fr.
betragen, 1915 wahrscheinlich 35 Millionen, wozu Ende März bereits 150
Millionen Mobilisationskosten hin zukommen.
15. April. (Nationalrat und Ständerat.) Die Annahme
der Kriegssteuervorlage erfolgt in beiden Räten nach Erledigung
der Meinungsverschiedenheiten einstimmig.
Sie erteilen sodann dem Bundesrat die Ermächtigung, die inter-
nationalen Vereinbarungen mit Baden, betreffend die Schiffahrt auf dem
Bodensee und auf dem Rhein bis Schaffhausen, zu revidieren, damit die
nötigen Verordnungen am 1. Juli in Kraft gesetzt werden. (Es handelt
sich um neue Bestimmungen, betreffend die Erteilung von Schifferpatenten.)
Im Nationalrat begründet der Sozialdemokrat Naine seine Inter-
pellation über die Erteilung von Ausfuhrbewilligungen für
Milch, Käse und Schokolade. Die Ausfuhrpolitik habe in den letzten
Monaten das Land von Milchprodukten entblößt, was eine für die Arbeiter-
klasse schwer empfundene Teuerung zur Folge habe. Bundesrat Schultheß
antwortet, die Ausfuhr dieser Produkte sei nur in dem Maße zugelassen
worden, wie für den inländischen Verbrauch gesorgt sei. Die Preiserhöhung.
sei nicht wesentlich und habe ihren Ursprung in der Teuerung der Futter-
mittel. Die Ausfuhr solcher Produkte sei als Mittel zur Verbesserung der
Valuta sehr zu begrüßen und bilde zugleich einen stillschweigenden oder
ausdrücklichen Ausgleich für die Einfuhr notwendiger Lebensmittel oder
Rohstoffe. Naine erklärt, nicht befriedigt zu sein, jedoch wird ein Antrag
auf Eröffnung der Diskussion nicht gestellt.
Die Session wird hierauf geschlossen.
14. Mai. Die Eidgenössische Staatsrechnung.
Amtlich wird bekanntgegeben, daß die Eidgenössische Staatsrechnung
für 1914 rund 78 Millionen Einnahmen und 101 Millionen Ausgaben,
mithin einen Fehlbetrag von 23 Millionen Franken ergibt. Darin sind die
Mobilmachungskosten nicht enthalten, die bis Ende 1914 die Summe von
rund 109 Millionen Franken erreichten.
25. Mai. Die deutsche Reichsregierung und die österreichisch-
ungarische Regierung haben dem Bundesrat eröffnet, daß sie die
bei Kriegsausbruch abgegebene Erklärung der strikten Respektierung
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