1016 Schneiz. (Mai 25.—Juni 7.)
der schweizerischen Neutralität auch unter den durch die Beteiligung
Italiens am Kriege veränderten Verhältnissen aufrechterhalten.
25. Mai. Notenwechsel mit Italien.
Zwischen der italienischen Regierung und dem Bundesrat hat folgender
Notenwechsel stattgefunden:
Erklärung der Königlich italienischen Regierung. Die Re-
gierung Seiner Majestät legt Wert darauf, dem schweizerischen Bundes-
rat die Erklärung, betreffend die ewige Neutralität der Schweiz und die
Unverletzbarkeit schweizerischen Gebietes, die die Königliche Regierung die
Ehre hatte, ihm unter dem Datum des 19. August 1914 zu überreichen, zu
bestätigen. Die Regierung Seiner Majestät des Königs von Italien ist fest
entschlossen, in Hinsicht auf die Schweiz alle ihre Pflichten als Krieg-
führende auf das peinlichste und loyalste zu beobachten. Sie wünscht bei
dieser Gelegenheit dem Gefühl ihres Vertrauens Ausdruck zu geben, welches
ihr die in der Note der schweizerischen Regierung vom 26. August ent-
haltenen Erklärungen, betreffend den festen Willen des schweizerischen Volkes
und die Haltung seiner Regierung in bezug auf die Neutralität und der
sich daraus ergebenden Pflichten, eingeflößt haben.
Erklärung des Bundesrats: Im Augenblick, da Italien im
Begriff ist, sich an den kriegerischen Ereignissen zu beteiligen, legt der
Schweizerische Bundesrat Wert darauf, der Königlich italienischen Regie-
rung die formellen Versicherungen der absoluten Neutralität, die in der
Erklärung des Schweizerischen Bundesrates am 5. August vergangenen
Jahres und wiederholt in seiner Note vom 26. August desselben Jahres
niedergelegt waren, in aller Form zu bestätigen. Der Schweigzerische
Bundesrat ist fest entschlossen, in seinen Beziehungen zu Italien alle seine
Pflichten als Neutraler aufs loyalste und peinlichste zu beobachten. Er
wünscht bei dieser Gelegenheit dem Gefühl vollen Vertrauens Ausdruck zu
geben, welches ihm die in der Note vom 19. August vergangenen Jahres
niedergelegte Erklärung einflößt, wonach die Königlich italienische Regic-
rung entschlossen ist, für die Zukunft, wie sie es für die Vergangenheit
getan hat, die durch die Akte vom 20. November 1815 festgelegten Grund-
sätze, betreffend die Anerkennung der ewigen Neutralität der Schweiz und
der Unverletzbarkeit ihres Territoriums, zu befolgen. Im übrigen hat der
Bundesrat seine Gesandten beauftragt, den Regierungen, bei denen sie be-
glaubigt sind, zu notifizieren, daß die schweizerische Neutralitätserklärung
vom 5. August 1914 bestätigt wird.
25. Mai. Die Schweiz übernimmt die Vertretung der deut-
schen Interessen in Italien und der italienischen Interessen in
Deutschland.
5. Juni. Der Bundesrat erläßt eine Verordnung, die Straf-
bestimmungen ausstellt gegen neutralitätswidriges Verhalten.
6. Juni. Das Volk nimmt in der Referendumsabstimmung die
Vorlage über die Kriegssteuer, deren Ertrag auf etwa 70 Millionen
Franken geschätzt wird, mit 440000 gegen 26000 Stimmen an.
7. Juni. (Nationalrat und Ständerat.) Eröffnung.
Die ordentliche Junisession beider Räte wird eröffnet.
Im Nationalrat erwähnt Präsident Bonjour die Uebernahme des
Schutzes der deutschen Untertanen in Italien und der Italiener in Deutsch-