732 Großbritannien. (Februar 12./13.)
land verlassen dürften. Pensionierte Offiziere der Flotte und des Heeres
würden als Kriegsgefangene betrachtet werden. Er könne unmöglich sagen,
wieviel Nauheimer Patienten sich in Ruhleben befinden, da keine voll-
ständigen Listen zu haben waren. Viele, die nach Hause zurückgekehrt
seien, hätten sich nicht beim Auswärtigen Amt gemeldet. Erst kürzlich
seien einige hundert britische Untertanen aus Ruhleben entlassen worden,
Namen seien jedoch nicht bekannt. Die Regierung setze ihre Bemühungen,
die invaliden und pensionierten Offiziere freizubekommen, fort. Der Bot-
schafter der Vereinigten Staaten sei ersucht worden, der englischen Regierung
eine Liste der Eugländer, die sich auf freiem Fuß befinden, zuzusenden.
Premierminister Asquith teilt mit, daß die Regierung strengere
Maßregeln gegen den deutschen Handel mit Rücksicht auf die weitgehende
Verletzung des Kriegsgebrauchs durch den Feind in Erwägung gezogen
habe. Ich hoffe, so sagt der Minister, daß ich binnen kurzem die Maß-
regeln mitteilen kann, die ergriffen werden sollen.
Abg. Jowett (Arb.-P.) fragt, ob die Regierung mit Rücksicht auf die
entsetzlichen Verluste an Menschenleben nicht öffentlich mitteilen wolle,
auf welcher Grundlage Großbritannien und die Verbündeten bereit sein
würden, Friedensanträge zu besprechen. Grey antwortet darauf: Die
jüngsten Erklärungen Deutschlands sind nicht derart, um annehmen zu
können, daß das von Jewett als erstrebenswert hingestellte Ziel durch die
Annahme seines Vorschlages gefördert werde.
Ministerpräsident Asquith erklärt, daß ungefähr 60 Prozent der eng-
lischen Verwundeten wiederhergestellt sind und wieder an die Front geschickt
werden können.
Der Abg. Macmaster fragt, ob die englischen Kriegsgefangenen
in Deutschland Beleidigungen ausgesetzt wären, weil sie Engländer sind,
und ob sie schlechter behandelt werden als die russischen und französischen
Kriegsgefangenen. Unterstaatssekretär Tennant antwortet: Aus zahlreichen
Mitteilungen und Berichten britischer Offiziere, die der Zensur entgangen sind,
geht hervor, daß kein Grund für die Furcht besteht, daß in der Tat die Eng-
länder einer schlechten Behandlung ausgesetzt sind. Lord Beresford fragt,
ob die gefangenen Deutschen, die einen Angriff aus der Luft oder von
der See aus unternommen haben, in Zukunft als Seeräuber behandelt und
aufgehängt werden sollen, wenn erwiesen ist, daß sie sich des Mordes von
Frauen und Kindern schuldig gemacht haben. Tennant erwidert: Ich
kann darauf eine bestimmte Antwort nicht geben. Jeder derartige Fall wird
selbständig zu beurteilen sein.
Am 13. Februar sprach sich Ministerpräsident Abquith über die Stei-
gerung der Lebensmittelpreise und den Schiffsraummangel aus:
Nach den statistischen Aufstellungen sind zwischen dem 1. Juni 1914 und
1. Februar 1915 die Nahrungsmittel im Einzelverkauf in London um
23,9 % „ in anderen großen Städten um 22,8/%, in den kleinen Städten
um 20,1 % gestiegen. Gegen die Preise im Februar 1914 sei Weizen
um 72% , Mehl 75%, britisches Fleisch 6% , Ueberseefleisch 12 %,
Zucker 72% und Kohle 15% teuerer. Asquith betonte, daß nach dem
deutsch-französischen Kriege manche Lebensmittel in England teurer,
dabei aber die Löhne niedriger waren. Die Kaufkraft der Bevölkerung sei
dank der Vorsorge der Regierung fast so groß wie im Frieden. Wenn man
die Armee einrechne, so kämen mehr Lebensmittel auf den Kopf als sonst.
Es liege nicht in der Absicht der Regierung, Höchstpreise festzusetzen, was
Deutschland bereits getan habe. Asquith kündigt an, daß ein Herabgehen
der Preise und eine Vermehrung des Weizenvorrats in den nächsten Tagen zu
erwarten sei, ebenso eine Erniedrigung der Zuckerpreise. Aus einer weiteren