Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Helsien. (März 10.—Juli 8.) 1037 
10. März. Das Generalgouvernement ordnet die Einführung 
der allgemeinen Schulpflicht an. 
8. April. Das amerikanische Hilfskomitee für Belgien 
führt 9000 Tonnen Lebensmittel ein. 
1. Mai. Auf Veranlassung des Generalgouvernements wird 
eine Wirtschaftskommission errichtet. 
Sie steht unter dem Vorsitz des Verwaltungschefs v. Sandt, und es 
sind in ihr die Zivilverwaltung, die politische Abtellung, die Bankabteilung, 
die Kriegsrohstoffkommission, der Eisenbahnverwaltungsrat, das General- 
gouvernement und die Armeeintendantur durch besondere Mitglieder ver- 
treten. Sie soll alle das wirtschaftliche Leben Belgiens berührenden Fragen, 
vornehmlich die Fragen der Ein= und Ausfuhr, einschließlich des Zollwesens, 
die Arbeitsvermittlung, die Verkehrspolitik, die Probleme der Güterversorgung 
und des Güterabsatzes erörtern, einheitliche Gesichtspunkte für ihre Be- 
handlung aufstellen und Vorschläge zu bestimmten praktischen Maßregeln 
vorbereiten. 
20. Mai. Budget 1915. 
Nach der im Gesetz= und Verordnungsblatt veröffentlichten Ver- 
ordnung des Generalgouverneurs werden die Staatseinnahmen für das 
Rechnungsjahr 1915 auf 175159529 Franken, die Ausgaben auf 198159529 
Franken veranschlagt. Ueber die Deckung des Fehlbetrags von 23 Millionen 
sollen später Anordnungen getroffen werden. 
1. Juni. Die Regierung in Le Hapre hat ihre Vertretungen 
im Auslande angewiesen, Belgiern keine Pässe mehr nach Holland 
und der Schweiz auszustellen. 
Die Maßregel hat den Zweck, den Belgiern die Rückkehr in die Heimat 
unmöglich zu machen. Die belgische Regierung warnt zugleich vor den 
Gefahren, die den Belgiern drohen, welche die Deutschen als wehrfähig 
betrachten. 
18. Juni. (Brüssel.) Bei der Hundertjahrfeier der Schlacht 
von Belle-Alliance hält der Generalgouverneur Frhr. v. Bissing 
eine Ansprache. 
Wortlaut s. Beck'sche Chronik des Deutschen Krieges Bd. VI S. 78 ff. 
6. Juli. Verfügung gegen deutschfeindliche Umtriebe. 
Der Generalgouverneur erläßt eine Verordnung, nach der mit Ge- 
fängnis bis zu einem Jahre Lehrpersonen, Schulleiter und Schulinspektoren 
bestraft werden, die während der Dauer der Besetzung im Unterricht oder 
bei sonstigen Veranstaltungen der Schule deutschfeindliche Umtriebe oder 
Kundgebungen dulden, fördern, veranlassen und veranstalten. 
8. Juli. Beschlagnahme des Brotgetreides. 
Das im Bereiche des Generalgouvernements angebaute Brotgetreide, 
ebenso auch Gerste (Futter- und Braugerste), wird mit der Trennung vom 
Boden zugunsten der Zivilbevölkerung im Bereiche des Generalgouvernements 
beschlagnahmt. Durch die Beschlagnahme sollen Preistreibereien verhindert 
werden, sie soll aber auch eine gerechte Verteilung unter der Bevölkerung 
ermöglichen. Wer gegen die Verordnung verstößt, wird mit Gefängnis bis 
zu 5 Jahren oder mit einer Geldstrafe bis zu 20 000 Mark bestraft.
	        
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