Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

734 Grahjbritaunien. (Februar 14. 16.) 
Vorschlag dahin ging, daß Frankreich neutral bleiben solle, wenn Deutsch- 
land mit Rußland Krieg beginne, mit andern Worten, daß Frankreich seinem 
Bündnis mit Rußland untren werden sollte. Ich konnte das Frankreich 
nicht vorschlagen und die Franzosen würden solchen Vorschlag mit Recht 
zurückgewiesen haben. 
14. Febr. (London.) Konferenz von Sozialdemokraten 
Belgiens, Englands, Frankreichs und Rußlands. 
10 bekannte Sozialisten nehmen daran teil. Den Vorsitz führt Keir 
Hardie. Weiter wohnen der Konferenz bei Henderson, Ramsay Mac 
Donald 2c. Frankreich ist vertreten durch Sembat, Vaillant, Renaudel und 
auch der allgemeine französische Bund der Arbeiter sendet einen Vertreter. 
Von Belgien sind u. a. Vandervelde und Senator Lafontaine gekommen. 
Verschiedene Resolutionen über den Krieg, seine Ursache und seinen 
Einfluß auf die internationale sozialistische Politik, die die Parteien nach 
Ende des Krieges einzuschlagen haben, werden gefaßt. 
In der ersten Resolution wird der Konflikt als ein Produkt des Gegen- 
satzes beschrieben, der in der kapitalistischen Gesellschaft besteht, und der 
kolonialen Politik des kampflustigen Imperialismus. Ein Sieg des deutschen 
Imperialismus, heißt es in der Resolution, würde die Niederlage und die 
Vernichtung der Demokratie und Freiheit Europas bedeuten. Die Sozialisten 
in England, Belgien, Frankreich und Rußland wünschen nicht die politische 
und ökonomische Vernichtung Deutschlands, sie führen nicht Krieg gegen das 
deutsche und österreichische Volk, sondern nur gegen die Regierungen dieser 
Länder, durch welche die Völker unterdrückt werden. Die Sozialisten ver- 
langen, daß Belgien befreit und entschädigt werde, sie wünschen, daß die 
polnische Frage in Uebereinstimmung mit den Wünschen des polnischen 
Volkes gelöst wird, d. h. im Sinne einer Autonomie innerhalb eines an- 
deren Staates oder im Sinne vollkommener Unabhängigkeit. Wenngleich 
man fest entschlossen ist, weiter zu kämpfen, bis der Sieg gewonnen ist, so 
sind die Sozialisten nicht weniger fest entschlossen, jeden Versuch zu be- 
kämpfen, um aus diesem Krieg einen Eroberungskrieg zu machen. Der 
Sieg der verbündeten Mächte muß ein Sieg der Volksfreiheit, Einigkeit 
und Autonomie der Nationen sein in friedlichem Verband der vereinigten 
Staaten Europas und der Welt. 
In der zweiten Resolution wird gesagt: Beim Friedensschlusse müssen 
die arbeitenden Klassen aller industriellen Länder sich vereinigen, um die 
geheime Diplomatie abzuschaffen, um den Interessen des Militarismus und 
der Geschützfabrikanten ein Ende zu machen, und um irgendeine inter- 
nationale Behörde einzurichten, die Konflikte zwischen den Staaten durch 
ein verpflichtendes Schiedsgericht aus der Welt schafft. 
Die dritte Resolution ist ein Protest gegen die Verhaftung von Duma- 
mitgliedern, das Unterdrücken russischer sozialistischer Zeitungen, gegen die 
Verurteilung ihrer Redakteure, ebenso wie gegen die Unterdrückung der 
Finnen, Juden, der russischen und deutschen Polen. 
15.6. Febr. Es findet der erste Austausch der schwerverwundeten 
kriegsgefangenen Engländer und Deutschen über Holland statt. 
15. 8. Febr. (Unterhaus.) Finanzielle Mitteilungen. Lloyd 
Georges große Zahlen. Beratung des Flottenetats. Anfragen. 
Lloyd George berichtet einleitend über die Besprechungen mit dem 
russischen und dem französischen Finanzminister (vgl. Rußland, 7. Febr.) 
und fährt fort: Der Kriegsaufwand der Verbündeten bis Ende Dezember
	        
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