Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

1046 Inxenburg. (Oltober 12. — Dezember 23.) 
Staatsrats zu ernennen. Die Großherzogin habe sogar ohne Vorwissen der 
Regierung den klerikalen Bürgermeisterkandidaten von Differdingen kommen 
lassen und ihm den Bürgermeisterposten angeboten. Die tiefere Ursache 
der Krisis sei jedoch der Wunsch gewesen, den früheren Generaldirektor 
Braun, dem die Ernennungen der Bürgermeister oblagen, als Urheber des 
liberalen Schulgesetzes beiseite zu schieben und so den Kampf gegen dieses 
Gesetz aufzunehmen. — Staatsminister Eyschen widerspricht dieser Auf- 
fassung nicht, sagt aber, er könne aus Rücksichten der Diskretion nicht auf 
alle Einzelheiten eingehen. In Luxemburg sei ein persönliches Regiment auf 
die Dauer unmöglich. Die frühere Politik solle mit der bisherigen liberalen. 
Mehrheit in allen Punkten weitergeführt werden. 
12. Okt. Staatsminister Paul Eyschen t, 73 Jahre alt. 
Die „Nordd. Allg. Ztg.“ widmet dem Verstorbenen einen warmen 
Nachruf. Er war von 1875—1888 luxemburgischer Geschäftsträger in Berlin; 
seitdem stand er ununterbrochen an der Spitze der Geschäfte in seinem 
Heimatlande. Die politische Stellung des Großherzogtums, heißt es in dem 
Nachruf der „N. A. Ztg.“, hat Staatsminister Eyschen in klarer Uebersicht 
der europäischen Verhältnisse stets mit unübertrefflicher Würde und un- 
beirrbarem Scharfblick zum Wohl des Landes zu wahren gewußt. 
22. Okt. Rücktritt des Kabinetts. 
Die unter dem Vorsitz von Generaldirektor Mongenast nach dem 
Tode des Staatsministers Eyschen mit der Führung der Geschäfte des 
Ministeriums betraute Teilregierung bietet ihre Entlassung an, weil 
in Prinzipienfragen keine einheitliche Anschauung zwischen der Krone und 
den Mitgliedern der Regierung besteht. 
24. Okt. Nach einem großherzoglichen Beschluß werden Scheide- 
münzen aus Zink bis zum Betrage von 200000 Franken aus- 
gegeben. Die neue Münze besteht aus Stücken zu 5 und 10 Centimen. 
5. Nov. Die Großherzogin nimmt die Entlassung der Regierungs- 
mitglieder an und beauftragt Rechtsanwalt Dr. Loutsch mit der 
Kabinettsbildung. 
In das neue Kabinett, dessen Präsidium der Staatsminister Rechts- 
anwalt Loutsch übernimmt, treten der Direktor der Steuerverwaltung Sax, 
Professor Soisson und Notar Reiffers ein. Die zurückgetretenen General- 
direktoren Thorn und Mongenast werden zum Präsidenten bezw. Vize- 
präsidenten des Staatsrats ernannt. 
7. Nov. Die Kammer wird auf den 9. November einberufen. 
9. Nov. Die Kammer wird eröffnet. Die Linke gibt ihre Un- 
zufriedenheit mit dem neuen Ministerium zu erkennen. 
11. Nov. Auf Vorschlag des Staatsministers verfügt die Groß- 
herzogin die Auflösung der Kammer. 
23. Dez. Die Neuwahlen zur Kammer. 
Das Ergebnis der Kammerwahlen stellt sich wie folgt: Rechts- 
partei 25 Sitze, die Partei gewinnt 7 und verliert 2 Sitze; Blockparteien 
(Liberale, Sozialisten und Unabhängige) 27 Sitze, was einen Verlust von 
7 Sitzen und einen Gewinn von 2 Sitzen bedeutet. Die Mehrheit der 
Blockparteien ist von 12 auf 2 Stimmen gefunken.
	        
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