Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

1052 BNiederlande. (September 3.—29.) 
3. Sept. Die Ausfuhr von Hammelfleisch wird verboten. 
3. Sept. Der Gesandte Japans Kynro Shidesara wird ab- 
berufen. 
21. Sept. (Haag.) Eröffnung der Generalstaaten: 
In der Thronrede, die die Königin verliest, heißt es: Nun ich wieder 
in Ihrer Mitte weile, ist es mir ein Bedürfnis, vor allen Dingen öffent- 
lich auszusprechen, wie sehr ich von Dankbarkeit erfüllt bin, daß unser 
Land von den Schrecknissen des Krieges, der noch immer kein Ende nimmt, 
freigeblieben ist. Der feste Wille der Regierung und der Volksvertretung, 
unsere Unabhängigkeit zu bewahren und den Pflichten der Neutralität aufs 
strengste nachzukommen, findet überall Würdigung. Unsere Beziehungen zu 
allen ausländischen Mächten bleiben freundschaftlicher Art. See- und Land- 
macht bleiben bereit zum Schutze unserer nationalen Interessen. Der Dienst 
hierzulande und in den Kolonien erfordert ununterbrochene Anstrengungen. 
Die Erinnerung an diejenigen, die dabei das Leben verloren (in den Kolonien) 
erfüllt mich dabei mit Wehmut. Obschon auch jetzt das wirtschaftliche Leben 
noch stark durch den Zustand Europas gedrückt wird, kann doch mit Genug- 
tuung darauf hingewiesen werden, daß Land= und Gartenbau im allgemeinen 
günstige Verhältnisse zeigen. Die niederländische Schiffahrt hatte bezüglich 
ihrer großen Fahrten günstige Refultate, — der Zustand der kleinen Fahrten 
ist dagegen sehr ungünstig. Trotz der Schwierigkeiten und Gefahren sind 
die Resultate der Seefischerei befriedigend. Die anderen Fischereizweige 
zeigen ein höchst verschiedenartiges Bild. 
In der Thronrede wird ferner gesagt. daß die bereits früher an- 
gekündigten Vorschläge zur Verfassungsreform bald vorgelegt werden sollen. 
Wenn der Lauf der Geschehnisse es nötig macht, unverzüglich Maßregeln 
auch auf finanziellem Gebiet zu treffen, so werden Vorschläge zur Regelung 
der laufenden Schuld, obgleich diese fortdauernd beträchtlich steigt, bis zum 
nächsten Frühjahr vertagt. Am Schluß der Thronrede heißt es: Im Ver- 
trauen auf die Geisteskraft meines Volkes, die schweren Lasten, die die un- 
vermeidliche Folge des Zustandes sind, in dem wir leben, mutig zu er- 
tragen, sehe ich hoffnungsvoll der Zukunft entgegen. Wenn Niederland bis 
zum Ende verschont wird, dann wird es, ich bin dessen sicher, von neuem 
einen ehrenvollen Platz im friedlichen Wettbewerb der Völker einnehmen, 
und es scheint mir eine unabweisbare Pflicht, jetzt schon für das Ziel alle 
Kräfte anzuspannen. Mit der Bitte, daß Gott uns alle stärken möge, er- 
kläre ich die Sitzung der Generalstaaten für eröffnet. 
22. Sept. Das Budget weist für 1916 44,75 Millionen Gulden 
Fehlbetrag auf, wovon 24,12 Millionen auf die ordentlichen Aus- 
gaben fallen. Eine durchgreifende Neuordnung der Steuern wird 
vom Finanzminister in Aussicht gestellt. 
Die Regierung teilt bei der Parlamentsöffnung mit, daß die Emission 
einer neuen Staatsanleihe bis zum nächsten Frühjahr aufgeschoben 
werden wird. 
24. Sept. Die Ausfuhr von Milch und allen Milchpro- 
dukten wird verboten. 
29. Sept. Die Regierung richtet aus Anlaß des Überfliegens 
holländischen Gebietes durch deutsche Luftschiffe eine Protestnote 
an die deutsche Regierung, in der die Erwartung ausgesprochen
	        
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