Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Norwezen. (August 21.—Oktober 4.) 1077 
gewandt. Die Rechte bekämpft die Vorlage und erleidet durch die Annahme 
eine empfindliche Niederlage. 
21. Aug. (Storthing.) Das Storthing vertagt sich, soll aber 
sofort wieder einberufen werden, falls die Lage dies erfordert. 
Vor Schluß der Sitzung ersucht das Storthingmitglied Michlet den 
Minister des Aeußern, über die Beschlagnahme der Post des Dampfers 
„HakonVII.“/durch ein deutsches Unterseeboot zu berichten (s. 18. Aug.). 
Der Minister des Aeußern Ihlen erwidert, eine endgültige Antwort sei von 
der deutschen Regierung noch nicht eingegangen, aber aus den Telegrammen 
des norwegischen Gesandten in Berlin gehe hervor, daß dieser der Ansicht 
sei, daß die Frage eine für Norwegen befriedigende Lösung finden werde. 
Der Minister des Aeußern betont, Norwegen müsse für das ihm angetane 
Unrecht eine Genugtuung erhalten, die das norwegische Volk befriedige. Er 
hoffe, noch am Nachmittage eine Antwort von Deutschland zu erhalten, 
obwohl er dessen nicht ganz sicher sei. Obgleich die Angelegenheit für das 
Land von größter Wichtigkeit sei, meint der Minister, daß es unter diesen 
Umständen für die Mitglieder des Storthings schwierig sei, weiter ver- 
sammelt zu bleiben, um die Antwort abzuwarten. Michlet dankt dem 
Minister für seine Antwort, erklärt aber, daß die Regierung die Angelegen- 
heit zu optimistisch betrachte, wenn sie meine, das Haus könne nch jetzt 
vertagen. Minister Ihlen erwidert, das Storthing könne in kürzester Frist 
wieder zusammentreten, falls diese oder eine andere Angelegenheit eine für 
das Land gefährliche Entwicklung nehmen sollte. Der Führer der Rechten 
Hagerup Bull erklärt, er halte die augenblickliche Lage für so drohend, 
daß es ihm zweifelhaft erscheine, ob eine Vertagung des Hauses tunlich sei. 
Er wolle sich dieser aber nicht widersetzen, indem er annehme, daß die 
Telegramme des Gesandten in Berlin, die eine befriedigende Lösung in 
Aussicht stellten, sich auf Erklärungen gründen, die der Gesandte erhalten 
habe. (Siehe 4. Oktober.) 
13. Sept. Die deutsche Regierung erklärt sich anläßlich der am 
9. Juni erfolgten Versenkung des norwegischen Dampfers „Svein 
Jark“" zum Schadenersatz bereit (vgl. ob. 22. Juni). 
Näheres s. Becksche Chronik des Deutschen Krieges Bd. VIII S. 370 und 
Bd. IX S. 252. Wegen des Dampfers „Belridge“" vgl. ebenda Bd.V S. 395. 
4. Okt. Erledigung der Angelegenheit der Wegnahme der Post 
vom Dampfer Hakon VII. 
Das deutsche Auswärtige Amt teilt der norwegischen Gesandtschaft in 
Berlin in einer Note mit, der deutsche Admiralstab habe über die Weg- 
nahme der Post von dem Dampfer „Hakon VII.“" eine Untersuchung 
eingeleitet, die vorläufig folgendes ergeben habe: 
Die über Bord geworfene Paketpost enthielt nach Meldung des Kom- 
mandanten des Unterseeboots Bannware, darunter Wollwaren und Lebens- 
mittel, die für feindliche Mächte bestimmt sein konnten. Unter dieser Voraus- 
setzung wurde sie nach Lage der Umstände gemäß Artikel 54 der Londoner 
Deklaration obne weiteres vernichtet; eine Paketsendung, deren Inhalt nicht 
als Bannware anzusehen war, wurde vom Kommandanten zurückgegeben. 
Selbstverständlich unterliegt die Rechtmäßigkeit der Vernichtung der Prüfung 
der deutschen Prisengerichte, so daß die Beteiligten Gelegenheit haben, etwaige 
Einwendungen auf gerichtlichem Wege zu erheben. Von Briessendungen, 
wird in der Note weiter ausgeführt, wurden vier Postsäcke mit feindlichem 
Bestimmungsort von dem Kommandanten mitgenommen und an die deutschen
	        
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