Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Grsbritannien. (März 1. 4.) 741 
einem neutralen und einem feindlichen Schiff einen Unterschied zu machen, 
es nimmt die Mannschaft und die Passagiere eines zu versenkenden Schiffes 
nicht an Bord, um sie in Sicherheit zu bringen. 
Diese Methoden der Kriegführung fallen demnach völlig außerhalb 
des Rahmens aller internationalen Vorschriften, welche die kriegerischen 
Maßnahmen gegen den Handel in Kriegszeiten enthalten. Die deutsche 
Negierung setzt die unterschiedslose Vernichtung an die Stelle der den Regeln 
entsprechenden Aufbringung. Deutschland wendet diese Methoden gegen 
friedliche Kaufleute und nicht am Kampfe teilnehmende Schiffsbesatzungen 
an, in der Absicht zu verhindern, daß Waren aller Art, darunter Vorräte 
für die Ernährung der Zivilbevölkerung, in die britischen Gewässer und 
nach Nordfrankreich eingeführt oder aus ihnen ausgeführt werden. 
Deutschlands Gegner sind daher gezwungen, zu Vergeltungsmaßnahmen 
ihre Zuslucht zu nehmen, um ihrerseits wiederum zu verhindern, daß Waren 
irgendwelcher Art nach Deutschland eingehen oder aus Deutschland ausgehen. 
Indessen sollen diese Maßnahmen von England und Frankreich ohne Gefahr 
für Schiff und Leben von Neutralen und Nichtkombattanten in genauer 
Uebereinstimmung mit den Grundsätzen der Menschlichkeit ausgeführt werden. 
Demgemäß halten die englische und die französische Regierung sich für be- 
rechtigt, Schiffe mit Waren, die mutmaßlich für den Feind bestimmt sind, 
ibm gehören, oder feindlichen Ursprungs sind, anzuhalten und in ihre 
Häfen zu bringen. Diese Schiffe und Ladungen sollen nicht für konfisziert 
erklärt werden, wenn sie nicht auch sonst der Verurteilung als Prise unter- 
liegen. Die Behandlung der Schiffe mit Ladungen, die vor diesem Datum 
ausfahren, soll keine Aenderung erfahren. 
1. März. Es verlautet, der englische Gesandte in Christiania, 
Mr. de C. Findlay, solle abberufen werden. Eine Bestätigung 
der Nachricht erfolgt nicht. 
4. März. (berhaus.) Die Meuterei in Singapore. 
Der Staatssekretär für Indien Lord Crewe erklärt auf eine An- 
frage, die Meuterei in Singapore bildet einen peinlichen Kontrast zu der 
Loyalität und dem Pflichteifer der übrigen indischen Truppen. Unter den 
Truppen der fünften indischen Infanteriedivision hätte sich eine gewisse 
Eifersucht und Fehdelust bemerkbar gemacht, eine Tatsache, die er besonders 
hervorhebe, da man sonst denken könnte, die Menterei habe mit dem hei- 
ligen Krieg zu tun gehabt. Dies sei nicht der Fall gewesen. Die Menterei 
habe einen rein lokalen Charakter gehabt und sei auf Streitigkeiten in 
dem betreffenden Regiment zurückzuführen. Sie habe nichts mit Rasse= oder 
Religionsfragen zu tun gehabt. 
4. März. (Unterhaus.) Grey teilt die Grundsätze mit, unter 
denen sich die britische und deutsche Regierung über den Austausch der 
für weiteren Kriegsdienst untauglichen Kriegsgefangenen einigen. 
4. März. (Bangor.) Lloyd George hält an die Arbeiter- 
schaft und die Arbeitgeber eine Rede folgenden Inhalts: 
Englands Existenz steht auf dem Spiel. Deutschlands Armee hat wie 
eine wilde Bestie die Klauen in Frankreichs Leib geschlagen und jeder 
Vertreibungsversuch reißt Stücke lebendigen Fleisches aus dem schönen Land. 
Noch ist das Raubtier nicht auf unsere Küsten gesprungen. Aber was 
nützen uns unsere 2 Millionen rekrutierter Kämpfer und die 20 Millionen, 
doppelt so viel wie unsere Feinde, die wir aufbringen können und müssen,
	        
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