1136 Rußland. (Oktober 12.)
Der Anschluß Italiens schaffte eine neue politische Situation, welche
neue Verhandlungen der Mächte über ihre gemeinsame Tätigkeit verlangte.
Nachdem diese Vorverhandlungen erfolgreich abgeschlossen waren, hielt man
die Zeit für gekommen, eine endgültige Erklärung der bulgarischen Regie-
rung zu bewirken, und am 16. (29.) Mai machten die Gesandten der ver-
bündeten Mächte Herrn Radoslawow den Vorschlag: Im Falle eines be-
waffneten Auftretens Bulgariens mit allen seinen Kräften gegen die Türkei
sind die Verbündeten bereit, 1. unverzüglich Thrazien bis zur Linie Enos—
Midia auszuliefern; 2. Bulgarien zu garantieren, daß ihm nach Schluß des
Krieges der Teil Mazedoniens abgetreten werde, welcher begrenzt wird von der
Linie Egri—Palanca—Zobot—Ochrida, eingeschlossen die Städte Köprülü.,
Ochrida und Monastir, mit der Bedingung, daß Bulgarien die genannten
Gebiete erst nach Friedensschluß besetzt; 3. Bulgarien Geldhilfe zu leisten.
Auf diese Mitteilung antwortete die bulgarische Regierung am 2.(15.) Juni
mit der Bitte, ihr einige Punkte der Note zu erklären. Diese Bitte wurde
der Gegenstand der Beratungen zwischen den Mächten und gleichfalls zwischen
ihnen und Serbien.
In der Note vom 22. Juli (4. August) 1915 gaben die verbündeten
Regierungen dem Sofioter Kabinett die gewünschten Erklärungen. In dieser
Note garantieren die Mächte Bulgarien die unbestrittene Zone auf Grund
der im Vertrage von 1912 aufgestellten Karten und übernehmen die Ver-
pflichtung, daß unter diesen Bedingungen Serbien erst nach dem Kriege
irgendwelchen Territorialzuwachs erhält. Im Falle, daß Bulgarien die
gemachten Vorschläge annimmt, muß es den Termin seines Auftretens gegen
die Türkei festsetzen, gleichwie die Kräfte, mit welchen es sich zu beteiligen
gedenkt, widrigenfalls die Vorschläge der Verbündeten keine Gültigkeit haben.
Infolge des Wunsches des serbischen Kabinetts detaillierten die Ver-
bündeten in einer neuen Mitteilung vom 3. August die versprochenen Kom-
pensationen und wiesen ebenso darauf hin, daß die Grenzlinie des serbisch-
bulgarischen Abkommens von 1912 keiner Veränderung unterliege. Am
19. August (1. September) antwortete die serbische Regierung und erklärte sich
bereit, das von ihr geforderte Opfer zu bringen und im Prinzip das von den
Mächten vorgeschlagene Uebereinkommen von 1912 zu erfüllen. Indem die
Verbündeten die ganze Gefahr einer weiteren Verzögerung und die unbedingte
Notwendigkeit, Bulgarien zur Klärung seiner Absichten zu bewegen erkannten,
machten sie am 1. (14.) September Herrn Radoslawow folgenden Vorschlag:
Die Vier-Mächte sind bereit, die Gebietsregulierung, die Serbien nach dem
Vertrag von 1912 bewilligt, für nach dem Krieg zu garantieren. Diese Garantie
wird durch das Versprechen Bulgariens bedingt, in nicht allzu ferner Zukunft
mit den verbündeten Mächten eine Kriegskonvention über ein Auftreten
gegen die Türkei zu schließen. Wenn nicht bald eine Antwort im gewünschten
Sinne erfolgt, so wird der Inhalt dieser Note zurückgenommen.
Auf diese Note gab die bulgarische Regierung keine Antwort, und
am 10. (23.) September um 7 Uhr morgens erklärte es die allgemeine
Mobilisation. Währenddessen nahmen die angekommenen deutschen Offiziere
in der bulgarischen Armee dieselbe Stellung ein, welche vor einem Jahre
ihren Kameraden die Möglichkeit gab, die Türkei in den Krieg mit-uns
zu ziehen. Solch eine Provokation konnte nicht ohne Antwort bleiben, und
der Kaiserliche Gesandte übergab dem Kabinett in Sofia am 21. September
die Note, auf welche eine unbefriedigende Antwort folgte, was die Kaiser-
liche Regierung bewog, die diplomatischen Verbindungen zu lösen.
12. Okt. Dem erst vor kurzem neu ernannten Oberprokurator
des Heiligen Synods, Samarin, wird der Abschied bewilligt. An