Rußland. (Oktober 14.—18.) 1137
dessen Stelle wird der wirkliche Staatsrat Wolschin zum Ober-
prokurator des Heiligen Synod ernannt.
14. Okt. Der neue Minister des Innern, Chwostow, gibt
den Vertretern der Presse einen überblick über die für ihn maß-
gebende Politik.
In erster Linie werde sich sein Bestreben darauf richten, das Ein-
dringen der deutschen Industrie und des deutschen Kapitals in
den russischen Markt zu verhindern, sodann den Uebergriffen der Speku-
lanten, die die Lebensmittel verteuern, zu steuern. Er halte die Zusammen-
arbeit von Regierung und Gesellschaft für unumgänglich notwendig, warne
aber den fortschrittlichen Block vor theoretischen Experimenten. Vertrauen
zur Regierung sei nötig. Hinsichtlich einer Amnestie sagt er, jetzt könnte
es so aussehen, als wäre sie durch einen Druck auf die Regierung er-
zwungen; daher sei sie jetzt schwerer als zu Beginn des Krieges. Er sei ein
Gegner der politischen Zensur und erkenne die Bedeutung der Presse an.
Bei der geistigen Ueberlegenheit der Juden über die russischen Bauern halte
er es für unmöglich, den Juden das Recht zu geben, Land zu erwerben.
Wenn auch zwischen der Fortschrittspartei und der Kadettenpartei Uneinig-
keit über die Bildung eines verantwortlichen Ministeriums bestehe, so werde
ihre Zusammenarbeit dadurch keineswegs ausgeschlossen. Ebenso hoffe er
trotz unwesentlicher Unstimmigkeiten, mit den Semstwos zusammenarbeiten
zu können.
15. Okt. Die Petersburger Telegr.-Agentur meldet, der Mei-
nungsaustausch zwischen den Finanzministern der verbündeten Länder
habe neuerlich die vollkommene Einmütigkeit der russ., engl. und
französ. Regierung bestätigt, alle ihre Hilfsquellen zu vereinen, um
den gegenwärtigen Krieg zu einem siegreichen Ende zu führen.
Zu diesem Ziel haben die Verbündeten Rußland die notwendigen
Kredite zur Begleichung der Bestellungen, die für den Heeresbedarf ge-
macht worden sind, sowie zur Bezahlung der Zinsen und zur Amortisierung
der auswärtigen Anleihen, für die sich die Regierung verbürgt hat, sowie
der öffentlichen Anleihen gewährt. Die Schwierigkeiten, die bisher noch
der Bezahlung der von den Verbündeten in Amerika gemachten Bestellungen
entgegenstanden, seien voraussichtlich dank der Kreditmaßnahmen, die durch
die englisch-französische Anleihe im Betrage von 500 Millionen Dollar und
andere von den verbündeten Regierungen geplante Maßnahmen getroffen
sind, aus der Welt geschafft. Zu gleicher Zeit mit dem zwischen dem eng-
lischen und französischen Finanzminister getroffenen Abkommen sei auch
zwischen der Bank von England und dem russischen Finanzminister ein
Abkommen geschlossen worden, das den russischen Banken gestattet, kurz-
fristige Wechsel auf englische Finanzinstitute zu ziehen. Der Hauptzweck
dieses letztgenannten Abkommens bestehe darin, daß den genannten Banken
ihne ausländischen Wertpapiere erhalten bleiben sollen.
18. Okt. Eine von der russischen Zensur genehmigte Nachricht
erklärt, die Lieferungen von Kriegsmaterial aus den staatlichen
Arsenalen Japans würden durch die Überlassung der Insel Sachalin,
soweit diese nicht schon beim russisch-japanischen Friedensschluß ab-
getreten worden sei, an Japan bezahlt.
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