Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

1148 Türkei. (März 16.—April 9.) 
edle unabhängige Nation. Sollten wir selbst sterben müssen, so werden 
wir erst sterben, wenn wir unsere Pflicht gegen das wackere Schwert er- 
füllt haben, das uns der osmanische Sultan anvertraut hat.“ (Rufe 
von der Tribüne: Wir werden nicht sterben, wir werden leben! Unser 
Weg ist der ewige Weg des Heils!) „Die Russen, die Niederlage auf 
Niederlage durch unsere tapferen Armeen und die unserer Verbün- 
deten erlitten haben, sahen sich genötigt, in der Duma Kundgebungen 
der Schwäche zu veranstalten. Die Staatsmänner in Petersburg, die 
vor der Gefahr zittern, des Baltischen und des Schwarzen Meeres ver- 
lustig zu gehen, spüren das Bedürfnis, den Fanatismus ihrer Heere 
zu entfesseln durch die Erklärung, jetzt sei der Augenblick gekommen, Kon- 
stantinopel zu nehmen und in die offenen Meere hinauszufahren. Welche 
Schwäche angesichts der wirklichen Ereignissel Die Russen mögen sich be- 
ruhigen: Die osmanische und die deutsch-österreichisch--ungarische Armee 
werden in Einigkeit heute wie morgen die Schlachtfelder mit Blut tränken 
und die Russen heute wie morgen zerschmettern. Der osmanische Soldat, 
der Konstantinopel und die Grenzen Anatoliens schützt, soll sich daran 
erinnern, daß er gleichzeitig der heldenhafte Wächter Berlins, Wiens und 
Budapests ist, ebenso wie die verbündeten Soldaten auch die ruhmreichen 
Verteidiger Konstantinopels und Anatoliens sind. 
16. März. Das Amtsblatt veröffentlicht das Gesetz betr. die 
Rechte und Pflichten ausländischer Staatsangehöriger in der Türkei. 
Diese werden fortan nach den osmanischen Gesetzen und Verordnungen 
über die öffentliche Ordnung behandelt, wobei sie jedoch von den durch 
die Verfassung den osmanischen Untertanen vorbehaltenen politischen Rechten 
ausgeschlossen sind. 
16. März. Der Gesandte in Brüssel, Nusret Bei, wird zum 
Gesandten im Haag ernannt. 
3. April. Der Gesandte in Berlin, Dschawid Bei, weilt in 
Genf und empfängt einen Vertreter des Genfer Journals. 
Er teilt ihm mit, er habe in Berlin eine Anleihe abgeschlossen. Die 
Finanzen der Türkei seien vortrefflich; die Kriegskosten betrügen monatlich 
nur 15 Millionen. Ueber die Kriegslage spricht er sich dahin aus, daß 
die Dardanellen und der Bosporus unbezwinglich seien. Der Angriff auf 
Smyrna sei vergeblich und die Verbindung mit Kleinasien ungestört. 
Dschemal Pascha befehligt die Armee am Suezkanal. Munition sei im 
Ueberfluß vorhanden. Die zuversichtliche Stimmung sei also berechtigt. 
6. April. (Palästina.) Etwa fünfzig katholische Klöster, die 
nach Ausbruch des Krieges geschlossen wurden, werden infolge Zu- 
stimmung der Pforte wieder geöffnet. 
9. April. Die Regierung gestattet für die Dauer des Krieges 
zollfreie Einfuhr aller Lebensmittel in der Provinz Yemen. 
9. April. Die an die Pariser Bank Perrier erteilte Konzession 
für eine elektrische Straßenbahn von Kadiköj und von Skutari 
bis auf die asiatische Seite des Bosporus wird für ungültig 
erklärt. 
Der Bau und Betrieb dieser Bahn wird dem Wakufministerium und 
der Konstantinopler Stadtpräfektur übertragen.
	        
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