1150 Girbei. (Mai 12.)
Gründer trat Sadik auf. Zweigorganisationen dieser Gesellschaft be-
standen in Athen, Aegypten, Odessa, Konstan za und Saloniki. Da der
Balkanfriede damals noch nicht geschlossen war, befanden sich zahlreiche
kriegsgesangene osmanische Offiziere in Griechenland. Um diese gewinnen
zu können, war der Zweigorganisation Athen ganz besondere Bedeutung
beigelegt worden. Sadik und Ismail kamen mit 10000 Franken, die von
Scherif herrührten, nach Athen. Ismail gründete die Zweigvereingung,
deren leitende Mitglieder der geflüchtete Oberstleutnant Zeki, sowie die
Maiore Nusret, Kemal und Kudret waren. Zu den Mitgliedern gehörten
Hauptmann Dschemal und der berüchtigte Kovalki Mustafa. Die Mit-
glieder dieser Organisation erhielten anfangs 100, dann 130 und 150
Franken monatlich. Der wahre Zweck der Zweigvereinigung war, Geld
herauszulocken, solange solches vorhanden war. Das Geschäft ging gut,
aber später funktionierte die Maschine nicht mehr. Sadil beschloß darauf,
die Zweigvereinigung Athen aufzulösen. Ihre Mitglieder schickte er teils
nach Odessa, teils nach Konstan za, wo sie weitere Befehle abwarten sollten.
Sie sollten sich nach ihrer Ankunft, als russische Matrosen verkleidet, nach
Konstantinopel begeben und sich in Pera im Hause neben der russiichen
Botschaft versammeln, um von dort die Revolntion zu leiten und im Falle
eines Mißerfolges gleich in die Botschaft flüchten zu können. Inzwischen
erscheint als neue Person unter ihnen Midhat Effendi aus Akufa in
Albanien. Midhat, welcher damals in Bosnien weilte, erhielt von Scherif
einen vom 31. Juni 1913 datierten Brief, dessen Faksimile der „Tanin“
veröffentlicht. Darin bittet Scherif Midhat, ihm seine Ansichten über die
Mittel zur Rettung der Türkei, welche, wie Scherif schreibt, dem Unter-
gange entgegengehe, dar zulegen. Er bemerkt, Sabah Eddin sei gegenwärtig
in einer Botschaft in Konstantinopel verborgen. Ein anderer Verschwörer,
Nihad Bei, wohne in Paris. Er übe seinen Einfluß aus, um für den
Sturz der türkischen Regierung zu arbeiten, welche durch die Wiederein-
nahme Adrianopels kühn geworden sei. Im Briefe wird auch von dem
Zwischenfall des Sekretärs des Prinzen Sabah Eddin, Lutfsi Sapvfet, ge-
sprochen. Midhat war ein früherer Gegner des Komitees für Einheit und
Fortschritt. Später erkannte er jedoch infolge der Wiedereroberung Adria-
nopels an, daß das Komitee und dessen Anhänger Patrioten seien. Er
war es, welcher die Revolution der Offiziere, die von Sabah Eddin mit
russischem Gelde vorbereitet worden war, zum Scheitern brachte. Nach
dieser Affäre ging Midhat mit seiner Familie nach Bosnien, wo er Handel
trieb. Nachdem er den Brief Scherifs erhalten hatte, begab sich Midhat
nach Athen und trat der geheimen Gesellschaft bei nur zu dem Zweck, um
ihre Ziele kennen zu lernen. Da damals Sadik nach Aegypten und Jsmail
nach Paris gereist waren, blieb Midhat in Athen als Leiter der Gesell-
schaft. Statt jedoch dort längere Zeit zu bleiben, fuhr er mit seiner Fa-
milie über Konstantinopel nach Konstanza. Der „Tanin“ veröffentlicht
einen Brief desselben Midhat, welcher besagt, daß es namentlich ihm zu
verdanken sei, daß die Polizei sämtliche Geheimnisse der Organisation er-
fahren habe. Midhat legt darin eingehend dar, wie er, nachdem er ver-
anlaßt wurde, mit der Opposition zu arbeiten, deren infame Ziele, welche
durch ausländisches Geld gefördert wurden, festgestellt und beschlossen habe,
die ganze Wahrheit zu enthüllen. Man werde ihn der Denunziation bezichtigen,
aber er sei stolz darauf, dem Vaterland diesen Dienst erweisen zu können.
12. Mai. Mehrere Artikel des vorjährigen Wehrgesetzes
werden durch eine Gesetzesnovelle, die das Amtsblatt veröffentlicht,
vorbehaltlich der parlamentarischen Genehmigung abgeändert.