Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Rumũnien. (November 29. — Dezember 1.) 1197 
Die gegenwärtige Tagung wird unter denselben Sorgen eröffnet wie 
die vorjährige. Der Krieg, der die Welt um uns mit Blut bedeckt, dauert 
mit steigender Erbitterung fort. Neue Staaten sind in den Kampf ein- 
getreten und haben dem europäischen Konflikt eine stets wachsende Aus- 
dehnung gegeben. Diese Lage legt uns noch mehr die Pflicht auf, unsere 
Bemühungen für die Verteidigung der großen Interessen Ru- 
mäniens zu vereinigen und uns alle mit Herz und Geist über jede andere 
Sorge zu erheben. In der heute eröffneten Session werden Sie sich über 
verschiedene Gesetzentwürfe und Kreditvorlagen auszusprechen haben, um 
den gegenwärtigen schwierigen Umständen die Spitze zu bieten. Ich zweifle 
weder an der Weisheit, mit der Sie sie prüfen werden, noch an dem er- 
leuchteten Patriotismus, der Sie bestimmen wird, die Regierung zu unter- 
stützen. Ich bin namentlich überzeugt, daß Sie nach wie vor die Bedürf- 
nisse unseres teuren Heeres erfüllen werden, das sich stets der Liebe- 
und des Vertrauens des Landes würdig zu zeigen wußte, und auf das 
mehr als je die Stellung gegründet ist, die Rumänien gebührt. Von dem 
Vertrauen in die Zukunft unseres teuren Rumänien erfüllt, bitte ich Gott, 
Ihre Arbeiten zu segnen. 
Zum Präsidenten der Abgeordnetenkammer wird Michael Pherekyde, 
zum Präsidenten des Senats Basil Misir wiedergewählt. 
29. Nov. Die Behörden ordnen eine Minensperre im ru- 
mänischen Lauf der Donau an, beginnend bei Turski-Spvil an der 
rumänisch-bulgarischen Grenze bis Kilometer 340 und von Galatz 
bis zur Pruthmündung. 
1. Dez. Das Organ Peter Carps, „Moldova“, veröffentlicht 
folgenden Aufsehen erregenden Artikel, der an den zwischen Ru- 
mänien und den Zentralmächten seinerzeit abgeschlossenen Bündnis- 
vertrag erinnert: 
Wir haben durchaus nicht die Absicht, uns mit Herrn Take Jonesen 
in eine Polemik einzulassen. Weil dieser aber aus dem Umstande, daß ihm 
niemand widerspricht, die Bestätigung seiner Behauptung folgert, sind wir 
dem Lande und den künftigen Geschichtsschreibern gegenüber verpflichtet, 
die Tatsachen richtigzustellen. 
Der erste Vertrag wurde in Wien im Jahre 1883 zwischen Peter Carp 
und dem Fürsten Reuß unterhandelt und in Gastein zwischen dem Fürsten 
Bismarck und Jon Bratiann abgeschlossen. 
Es war dies ein Friedensvertrag, eher dazu bestimmt. jene einzu- 
schüchtern, die den Krieg wollten, als irgendeine europäische Konflagration 
vorzubereiten. Und was uns Rumänen betrifft, so war er mehr von unseren 
Interessen als von jenen der Zentralmächte diktiert. 
Dieser erste Vertrag nahm im Jahre 1888 die Form eines Beitritts- 
vertrages an, welchem sich Italien anschloß. Zwischen diesem und Rumänien 
wurde der Vertrag im Jahre 1888 von den Herren Crispi und Peter Carp 
unterhandelt und die Ratifikationen wurden in Bukarest zwischen dem 
Marquis Curtopassi und Herrn Peter Carp, der damals Minister des 
Aeußern war, ausgetauscht. 
Es war weder im Jahre 1883 für Rumänien, noch Anno 1888 für 
Italien notwendig, irgendeine Pression auf diese Länder auszuüben, damit 
sie sich unter den Schutz eines Vertrages stellten, welcher sowohl dem einen 
wie dem anderen Lande eine Aera ungeahnten Aufschwunges sicherte.
	        
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