Kuninien. (Dezember 25. 30.) 1209
sich auf eine tausendjährige Rivalität zwischen den Ungarn und den Ru-
mänen ausgebaut. Hierüber war in der rumänischen Volksseele niemals
ein Zweifel. Man sagt, die Mission des rumänischen Staates sei, Rußland
zu hindern, an das Meer zu gelangen. Rußland ist weder so stark noch
so schwach, wie man meint. Rußland ist gewiß eine Gefahr für uns,
wie jeder große Nachbar eine Gefahr für die Kleinen ist. Rußland hat
uns angliedern wollen, aber auch Oesterreich will das und hat ein
Recht dazu. Man sagt uns, daß Rußland Galatz und das Eiserne Tor
haben will. Das ist nicht richtig. Was Rußland in der Zukunft machen
wird, weiß ich nicht. Es wird sich gegen Rußland ebenso eine Koalition
bilden, wie gegen Deutschland, wenn Rußland etwas Aehnliches unternehmen
will wie heute Deutschland. Eine Verbindung Rumäniens mit Deutschland
wäre gerechtfertigt, wenn der Vierverband besiegt würde. Wenn wir aber
Bessarabien nehmen, brauchen wir, um es zu verteidigen, die Ukrainer.
Der erste Preis, den wir für die Aufhaltung der Russen auf dem Wege
zum Meere zahlen werden, wird die Einverleibung Rumäniens durch Ungarn
sein. Kommen wir heute den Russen nicht zu Hilfe, so wird die ungarische
Souveränität sich über uns ergießen. Es ist sicher, daß kein rumänischer
Politiker Rumänien dorthin wird führen wollen, wohin Carp und Stere
zeigen. Redner untersucht weiter die Lage vor Beginn des Krieges. Nach
der Haltung des Deutschen Kaisers hätte man glauben können, daß der
Krieg nicht ausbrechen werde. Auch König Carol war der Meinung, daß
der Friede noch vier bis fünf Jahre gewahrt bleiben werde. Für Rumänien
bestand damals die Sorge, daß es seinem Vertrag hätte treu bleiben müssen,
wenn jene, die zum Krieg herausforderten, die Sache hätten so darstellen
können, daß sie herausgefordert wurden. Denn Rumänien hätte sich nicht
die Auffassung der großen Staaten zu eigen machen können, da es ein
Staat ist, der auf seine Ehre hält. Der Vertrag mit den Mittelmächten
starb politisch mit dem Kronrat, der die Neutralität von Rumänien beschloß,
rechtlich mit dem Eingrerfen Italiens. Redner war stets der Meinung, daß
Rumänien niemals mit Oesterreich--Ungarn zusammengehen könne. Der
MRedner untersucht, wie der Vertrag zustande gekommen sei, und faßt die
Lage für Rumänien nach der Unabhängigkeitserklärung dahin zusammen,
daß es den Vertrag unter Zwang geschlossen habe. Denn Oesterreich-Ungarn,
das das Protektorat über die Donaumündungen erworben hatte, übte alle
möglichen Schikanen, um den Vertrag zu erlangen. Dieser wurde geschlossen,
um mit Oesterreich-Ungarn in Frieden leben zu können. Es war ein Bünd-
nis der Furcht. Es war allerdings nicht ohne Vorteile für uns. Wir er-
hielten Geld, wenn es auch nicht zu verwundern war, daß wir als Ver-
bündeter Geld erhielten. Wir hatten Frieden. Unsere Brüder in Ungarn
wurden weniger unterdrückt. Wir konnten aber niemals auf Siebenbürgen
verzichten, wenn auch im Jahre 1893 Stolojan in einer Interpellation von
der Möglichkeit sprach, daß Rumänien ein vielsprachiger Staat werden
könnte, womit er meinte, daß es sich nach Bulgarien hin ausdehnen könnte.
Im Jahre 1913 mißfiel unsere Aktion einigen Großmächten, anderen aber
gefiel sie. Diesen müssen wir uns heute anschließen, wo Serbien nicht mehr
besteht und Bulgarien der Diener Oesterreichs ist. Allerdings fand uns der
Krieg materiell, wenn auch nicht moralisch ungerüstet. Wir haben 31 Jahre
im Zustand der Trägheit gelebt. Heute aber keinen Glauben an die Kraft
des Landes zu haben, wäre ein Verbrechen. Der Redner zählt die Momente
auf, von Lemberg bis zu dem Eintritt Bulgariens in den Krieg, wo die Re-
gierung den Krieg hätte erklären müssen, wenn es auch Opfer gekostet hätte.
Wir hatten gegenüber Serbien Verpflichtungen. Wir hätten die Deutschen ver-
hindert, nach Süden vorzudringen und hätten die Zertrümmerung Serbiens