Griechenland. (Oktober 4.) 1227
Der frühere Ministerpräsident Dragumis fragt darauf, 1. ob die
griechische Mobilmachung in Mazedonien nicht durch die fremden Truppen
gestört werde, und 2. ob Griechenland nicht vermeiden müsse, eines Tages
dem deutsch-österreichischen Heere gegenüberzustehen.
Venizelos antwortet auf die erste Frage, daß alle Maßregeln ge-
troffen seien, um die Mobilmachung in Mazedonien unbehindert durch-
führen zu können. Auf die zweite Frage müsse er die Antwort vorläufig
ablehnen.
Rallis, ebenfalls früherer Ministerpräsident, sagt, daß außer der
Regierung auch die Rammer protestieren müsse gegen das Attentat auf die
Unverletzlichkeit Griechenlands. Als die Neutralität Belgiens verletzt wurde,
hat Deutschland vorher um die Erlaubnis zum TDurchmarsch gebeten; bei
uns ist das nicht einmal geschehen: uns wurde nur in grober Weise die
erfolgte Landung mitgeteilt. Die Angabe, daß die Verbindung mit Serbien
durch den Verband gesichert werden müsse, ist nur eine Beleidigung; als
ob wir diese Sicherung nicht selbst besorgen könnten oder wollten! Die
Regierung hätte energischer gegen das vom Verbande begangene Unrecht
Einspruch erheben müssen. Wir hätten eine gerechtere Beurteilung erwarten
dürsen. Der französische Gesandte sucht uns zwar zu trösten, erinnert uns
aber dadurch an die Abtretung von Kavalla und Serres, die der Verband
ungerechterweise von uns forderte.
Gunaris, Präsident der letzten Regierung, schließt sich dem Proteste
von Rallis gegen die Verletzung der griechischen Neutralität und Unabhängig-
keit an und verlangt von Venizelos eine Beantwortung auch der anderen
an ihn gerichteten Fragen.
Theotokis, früherer langjähriger Ministerpräsident, erinnert an die
früheren Verletzungen der griechischen Neutralität durch die Besetzung von
Inseln des Aegäischen Meeres und protestiert ebenfalls gegen die neue Ver-
letzung. Ob damals Widerspruch gegen die Besetzung der Inseln erfolgt sei,
wisse er nicht. Aus den Worten von Venizelos entnehme er, daß dieser
Griechenland nach dem Vertrage mit Serbien für verpflichtet halte, den
Serben zu helfen, sobald sie von Bulgarien angegriffen würden. Darüber
erbitte er eine Erklärung. Nachdem Venizelos geantwortet hat, daß er
diese Verpflichtung voll anerkenne, fährt Theotokis fort: Ich bin anderer
Ansicht. Seitdem Serbien zugunsten Bulgariens auf das nördliche Maze-
donien verzichtet hat, das den Gegenstand unseres Bündnisses mit Serbien
bildet, hat der serbisch-griechische Vertrag seine Gültigkeit verloren. Ich
frage ferner: Wenn mit Bulgarien noch andere Mächte Serbien angreifen,
haben wir dann auch die Verpflichtung, den Serben zu helfen? Wenn
Venizelos dieser Ansicht ist, dann bedeutet unsere Mobilmachung unsere
Teilnahme am Kriege. Dagegen erhebe ich Einspruch. Hoffentlich auch die
Kammer.
Der frühere Minister Dimitrakopulos protestiert ebenfalls und
fordert die Regierung auf, den Vertrag mit Serbien der Kammer mit-
zuteilen, damit diese nicht ohne seine Kenntnis urteile. Es berühre die Ehre
der Kammer, da ein fremder Gesandter sich auf einen griechischen Vertrag
berufe, den die Kammer nicht einmal kenne.
In ähnlichem Sinne spricht noch der Abgeordnete Busios, der früher
in der türkischen Kammer eine große Rolle spielte. Nachdem der Abgeordnete
Nakos sich gegen die Proteste gewandt und seine Freude über die Landung
der Verbandstruppen in Saloniki ausgesprochen hat, antwortet Venizelos:
Als ich im Februar die Regierung niederlegte, war Griechenland aufgefordert
worden, an dem gemeinsamen Kampfe des Verbandes teilzunehmen mit der
Aussicht auf große Landerwerbungen in Kleinasien und ohne jede Ab-