Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

764 Großbritannien. (Mai 12.) 
miralität die Warnungen, welche den nordamerikanischen Passagieren vor 
der Abfahrt zugegangen sind, erhalten habe. — Mac Master fragt, welche 
Maßregeln zum Schutze der „Lusitania“ angesichts der in den Zeitungen 
erschienenen Warnung der deutschen Botschaft getroffen worden waren. — 
Houston fragt Churchill, ob er vor dem 7. Mai gewußt hätte, daß deutsche 
Unterseeboote seit einiger Zeit an der Südküste von England, im St. Georgs- 
kanal und in der Irischen See tätig gewesen seien, ob er gewußt hätte, 
daß tags zuvor die beiden großen Liverpooler Dampfer „Centurion“ und 
„Candidate“ in diesen Gewässern versenkt worden waren, ob er gewußt 
hätte, daß die „Lusitania“ am 7. Mai eintreffen sollte, und daß die Ad- 
miralität früher Torpedobootszerstörer und andere Schiffe ausgesandt hätte, 
um Schiffe, die Pferde aus Amerika für die Regierung gebracht hätten, 
an der Südküste von Irland in Empfang zu nehmen und sicher zu geleiten. 
und welche Maßregeln die Admiralität getroffen hätte, um die „Lusitania“ 
zu schützen und nach Liverpool zu geleiten. 
Churchill erwidert, es sei voreilig, eine Antwort zu geben, bevor 
eine Untersuchung stattgefunden hat, es sei auch unmöglich, die Vorkehrungen 
der Flotte für die Ueberwachung der Fahrwasser nach der Küste zu ver- 
öffentlichen. Die verfügbaren Hilfsquellen erlauben nicht, den Handels- 
und Passagierschiffen eine Eskorte von Zerstörern zu stellen, da täglich 
durchschnittlich 200 Schiffe ankommen und abfahren. Die Admiralität hatte 
Kenntnis von der deutschen Drohung und den Bewegungen der Untersce- 
boote; auf Grund davon hat die „Lusitania“ Warnung und Weisung für 
ihren Kurs erhalten und beide Botschaften empfangen, die zweite ganz kurz 
vor dem Angriff. Die Admiralität hat manchmal Eskorten für Schiffe ge- 
stellt, die Truppen, Munition und andere von der Regierung unbedingt 
benötigte Ladungen führten, aber Grundsatz ist, daß jedes Handelsschiff für 
sich selbst sorgen muß, abgesehen von allgemeinen Vorkehrungen. Wir 
haben nach diesen Grundsätzen, die sich bewährt haben, gehandelt. Eine 
schreckliche Ausnahme, wie der Fall der „Lusitania“, darf die Aufmerksam- 
keit des Hauses und der Welt nicht von den Tatsachen ablenken, daß der 
gesamte Seehandel Englands ohne merkbaren Verlust und Schaden fort- 
geführt wird. 
Auf eine Anfrage Houstons, ob das Kriegsamt die Nachricht er- 
halten habe, daß die Deutschen drei kürzlich gefangene Kanadier gekreuzigt 
hätten, indem sie sie mit Bajonetten an einen Holzbau aufgespießt hätten, 
erwidert Unterstaatssekretär Tennant, er habe keine Informationen über 
solche Greueltat, werde aber Erkundigungen einziehen. Auf die Frage 
Booth's, ob es nicht wünschenswert sei, Führer anderer politischer Parteien 
in das Kabinett aufzunehmen, antwortet Asquith, das Kabinett sei den 
Führern aller Parteien für ihre Anregungen und ihre Unterstützung ver- 
pflichtet, der vorgeschlagene Schritt sei indes nicht erwogen worden und 
würde auch schwerlich allgemeine Zustimmung finden. Auf die Frage von 
Lord Nobert Cecil, ob es wahr sei, daß Churchill kürzlich an der Front 
war, und welche Pflichten er namens der Regierung dort ausgeübt habe, 
erwidert Asquith: Churchill war in wichtigen Angelegenheiten der Ad- 
miralität in Paris. Er war Sonnabend und Sonntag auf Einladung des 
Oberstkommandierenden an der Front, übte aber keine Regierungspflichten 
aus. Auf eine Anfrage Flannerys, ob Churchill in einem Zerstörer über 
den Kanal gefahren sei, spricht Asquith sein Bedauern über diese Frage 
aus; Churchill habe seit Kriegsbeginn die Admiralität nur 14 Tage 
verlassen. 
Johnson Hicks und Lord Charles Beresford überreichen dem Hause 
eine von 250000 Frauen unterzeichnete Petition, in der gebeten wird,
	        
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