Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Auhans zu den Vereinigten Staaten von Nordameriks. (Dezember 21. 29.) 1343 
mitteilen und bei dieser Gelegenheit zum Ausdruck bringen zu wollen, daß 
die österreichisch-ungarische Regierung das Schicksal der unschuldigen Opfer 
des bewußten Vorfalles nicht weniger als die amerikanische Regierung und 
unter allen Umständen aufrichtigst beklagt, benützt er zugleich auch diesen 
Anlaß, um Seiner Exzellenz dem Herrn Botschafter den Ausdruck seiner 
ausgezeichneten Hochachtung zu erneuern. Burian, m. p. 
21. Dez. Die Regierung der Vereinigten Staaten läßt in Wien 
eine zweite Note überreichen, die folgenden Wortlaut hat: 
Die Regierung der Vereinigten Staaten hat die Note Ew. Exzellenz 
über die Versenkung der „Ancona“, die am 15. d. M. in Wien überreicht 
und nach Washington telegraphiert wurde, erhalten. Am 15. Dezember über- 
reichte Baron Zwiedinek von Suedenhorst, der Geschäftsträger der Kaiser- 
lichen und Königlichen Regierung in Washington, dem Staatsdepartement 
einen Bericht des österreichisch-ungarischen Flottenkommandos über die Ver- 
senkung der „Ancona“, in dem zugegeben wurde, daß das Schiff torpediert 
wurde, nachdem die Maschinen gestoppt hatten und solange sich noch Passa- 
giere an Bord befanden. Das allein ist nach Ansicht der Regierung der 
Vereinigten Staaten genügend, um den Kommandanten des Unterseebootes 
für die absichtliche Verletzung des anerkannten Wolkerrechts und der gänz- 
lichen Außerachtlassung der Grundsätze der Humanität, welche jeder Krieg- 
führende im Seekriege beachten muß, verantwortlich zu machen. 
Angesichts dieser anerkannten Umstände erachtet sich die Regierung der 
Vereinigten Staaten für berechtigt, die Ansicht auszusprechen, daß in der 
Frage der Versenkung der „Ancona“ weder das Gewicht und die Art der 
ergänzenden Zeugenaussagen, durch welche der Bericht des Flottenkommandos 
bestätigt wird, noch die Zahl der Amerikaner, die getötet oder verwundet 
wurden, die zu behandelnden Hauptpunkte bilden. Die Schuld des Kom- 
mandanten steht in diesem Falle fest. Es ist eine unleugbare Tatsache, daß 
Bürger der Vereinigten Staaten durch sein ungesetzliches Auftreten getötet, 
verwundet oder in Gefahr gebracht wurden. Die Bestimmungen des Völker- 
rechts und die Grundsätze der Humanität, die so durch den Rommandanten 
des Unterseebootes verletzt wurden, sind seit so langer Zeit und so allgemein 
anerkannt und vom Standpunkt des Rechts und der Gerechtigkeit so klar, 
daß die Regierung der Vereinigten Staaten sich nicht veranlaßt fühlt, sie 
zu besprechen, und nicht begreift, daß die Kaiserliche und Königliche Regie-à 
rung sie in Zweifel zieht oder bestreitet. Die Regierung der Vereinigten 
Staaten sieht sich deshalb genötigt, die NKaiserliche und Königliche Regie- 
rung für die Tat ihres Kommandanten verantwortlich zu machen und die 
entschiedenen, aber ehrerbietigst gestellten Forderungen ihrer Note vom 6. De- 
zember zu wiederholen. Die Regierung der Vereinigten Staaten hofft von 
Herzen, daß die obige Erklärung ihrer Haltung die Kaiserliche und König- 
liche Regierung von der Rechtmäßigkeit ihrer Forderungen überzeugen und 
daß diese in demselben Geiste von Offenherzigkeit und mit demselben Wunsche 
nach Aufrechterhaltung der guten Beziehungen zustimmen wird, wie sie jetzt 
zwischen den Vereinigten Staaten und Oesterreich -= Ungarn bestehen, Be- 
diehungen, welche die Vereinigten Staaten veranlaßten, die Forderungen 
zu stellen. gez. Lansing. 
29. Dez. In Beantwortung der Note der Vereinigten Staaten 
vom 21. Dezember ergeht an den amerikanischen Botschafter in Wien 
Penfield folgende Antwort seitens der österreichisch-ungarischen Re- 
gierung, womit der „Ancona“"-Fall seine Erledigung findet. 
Europäischer Geschichtskalender. LVI. 85
	        
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