Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einunddreißigster Jahrgang. 1915. Zweite Hälfte. (56b)

Inba#s: Biplematische Euthällszen. 1393 
Landraum zu beseitigen; durchgreifend ist dies nicht möglich, weil die durch 
Urbarmachung und Aufteilung zu Besiedelungszwecken heranziehbare Land- 
menge für diese Aufgabe nicht annähernd ausreicht. Erweiterung der Grenzen 
des deutschen Reichsgebietes ist daher zur Sicherung der Zukunft des deutschen 
Volkes unbedingt notwendig. 
5. Das zu gewinnende Land muß zur Verbreiterung der landwirt- 
schaftlichen Grundlage unseres Volkes und unserer Volkswirtschaft dienen, 
muß also seiner Art nach rechtes Siedelungsland sein; seiner Menge nach 
muß es nicht nur dem heutigen Siedelungsbedürfnis genügen, sondern für 
eine lange Folge von Geschlechtern ausreichen und auch zur Aufnahme deutscher 
Rückwanderer noch Platz bieten. 
6. Zur Gewinnung solchen Landes kommt in allererster Reihe der 
Osten in Frage, wo aber auch schon andere Notwendigkeiten eine erhebliche 
Hinausschiebung der jetzigen Grenzen fordern. Die geflüchtete Bevölkerung 
der Ostprovinzen macht z. B. schon jetzt einhellig ihre Rückkehr in die Heimat 
davon abhängig, daß diese nicht länger das jedem ersten Kriegsanprall 
ausgesetzte Grenzland bilde. Die im Östen der heutigen Reichsgrenze an- 
lagernden Gebiete entsprechen aber auch den Anforderungen, die an rechtes 
Siedelungsland zu stellen sind. Die polnischen Grenzgebiete, die russisch- 
litauischen Gouvernements und die Ostseeprovinzen sind sowohl was die 
geringe Dichte ihrer Bevölkerung als den agrarischen Charakter des Landes 
und die Kulturfähigkeit des Bodens anlangt, zukunftsreiche Siedelungs- 
gebiete. Die Ostseeprovinzen stellen dabei uraltes deutsches Kulturgebiet dar, 
das vor dem Slawentum zu retten sich wohl niemals mehr Gelegenheit böte. 
Damit aber der Zweck des Landerwerbs im Osten, dem deutschen Volke 
eine kraftvolle, gesunde und tatsächlich gesicherte Zukunft zu gewährleisten, 
erreicht werde, ist weiter notwendig, daß einerseits die in den neuen Ge- 
bieten vorhandenen wichtigsten Machtmittel und zwar nicht nur Eisenbahnen, 
Kanäle u. dgl., sondern auch wichtige industrielle Unternehmungen, sowie 
der größere mittlere ländliche Besitz in deutsche Hand gebracht und ander- 
seits den nichtdeutschen Landesbewohnern kein Einfluß auf die politischen 
Geschicke des Reiches gewährt werde. Die Kosten der Ueberführung der 
wirtschaftlichen Machtmittel in deutsche Hand, also der Entschädigung der 
Vorbesitzer, sind möglichst im vollen Umfange Rußland aufsznerlegen, das 
eine größere bare Kriegsentschädigung auch gar nicht zu leisten imstande 
sein dürfte. 
8. Da der Erwerb von Landgebiet im Osten als unerläßlich für die 
Sicherheit der Zukunft des deutschen Volkes festgestellt wurde, muß ein 
Sonderfriede mit Rußland, der dieser Notwendigkeit nicht Genüge tut, als 
eine Gefährdung der deutschen Zukunft bezeichnet werden. 
II. 
1. Die Sicherheit des Deutschen Reiches erscheint, wie schon eingangs 
erwähnt, seit jeher durch seine ungünstige militärgeographische Lage ge— 
fährdet; es hat keine Flanke frei und kann immer von allen Seiten zugleich 
angegriffen werden. Solange diese militärgeographische Lage besteht, muß 
das Deutsche Reich daher immer eines Ueberfalles wie jetzt gewärtig sein. 
2. Zur Sicherung der Zukunft ist es deshalb unerläßlich, daß mindestens 
eine Flanke dauernd freigemacht werde. Da im Osten immer ein großes 
russisches Volk sitzen, immer ein Asien mit Hunderten von Millionen Mon- 
golen vorgelagert bleiben wird, kann die dauernde Freimachung einer Flanke 
nicht nach Osten, sondern nur nach Westen gesucht werden. Es bedarf dazu 
nicht einer Vernichtung dort sitzender Gegner, sondern es genügt eine Grenz- 
gestaltung, von der aus man sie militärisch besser als bisher in der Hand hat. 
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