Grspbritennien. (Juni 8. 9.) 773
miralität und des Kriegsamts sowie Industrielle sitzen würden, werde dem
Minister zur Seite stehen. Der neue Minister werde, sobald er seinen Sitz
im Hause einnehmen könne, eine Erklärung über die Organisation und
Politik seines Ministeriums abgeben. In der Debatte meinte Pringle (lib.),
die Bill übertrage dem neuen Minister eine absolut unbeschränkte Macht:
da die Kompetenz des Ministers nur durch königliche Verordnung bestimmt
werden solle, so werde er die Macht eines Diktators erlangen. Der Redner
kündigt an, daß er Kommissionsberatung beantragen werde, damit die Kom-
vetenz des Ministers nicht durch eine königliche Verordnung, sondern durch
Gesetz festgestellt werden solle. Wenn ein staatlicher Zwang für Arbeiter
eingeführt werden solle, müsse dies durch Gesetz geschehen. Snowden
(Arbeiterpartei) sagt, er könne, wenn versucht werden sollte, den Arbeitern
einen Arbeitszwang aufzuerlegen, der Regierung eine energische Opposition
in Aussicht stellen. Dillon (Nat.) verlangt eine offene Erklärung, welche
Machtbefugnisse die Regierung dem neuen Minister übertragen wolle. Sie
könnten offenbar benutzt werden, um die Sklaverei einzuführen. Es wäre
schrecklich, wenn das Preußentum in diesem Lande eingeführt würde.
Crooks (Arbeitervartei) und Hobhouse (lib.) wenden sich gegen Einführung
eines staatlichen Zwanges für Arbeiter. Staatssekretär Simon erklärt mit
Zustimmung Asquiths, daß die Bill nichts derartiges beabsichtige. Im Laufe
der Debatte sprechen noch Thomas (Arbeiterpartei), Terrell und Sanderson
(Unionist) gegen die Einführung staatlichen Zwanges in den Munitions-
fabriken. — Das Gesetz wurde sofort im Plenum in allen drei Lesungen
angenommen.
8. Juni. Die unabhängige Arbeiterpartei veröffentlicht ein
Manifest an die organisierten Arbeiter Großbritanniens gegen die
Gefahr der allgemeinen Wehrpflicht.
Es heißt darin: Die skrupellose Erhöhung der Lebensmittelpreise, die
unmäßigen Gewinne der Finanzleute und Lieferanten, die Brandmarkung
der Arbeiter als egoistische und unpatriotische Trunkenbolde, sowie die
Forderung, daß die Beschränkungen der Gewerkschaften und die Fabrik-
gesetnze beiseite gesetzt werden sollen, lassen die Stimmung und Absicht er-
kennen, die hinter dem Versuch steht, die Arbeiterklasse durch einen staat-
lichen Zwang zu militarisieren. Es ist bedauerlicherweise wahr, daß seit
Ausbruch des Krieges das Prinzip der Anwerbung von Freiwilligen durch
kapitalistischen Druck ernstlich gefährdet worden ist. Die Arbeiter wurden
entlassen oder eingeschüchtert, um sie zum Eintritt in die Armee zu zwingen.
„Anwerben oder Verhungern“ ist nur eine neue Variante der Klassen-
unterdrückung. Das Manifest fordert alle Arbeiterorganisationen auf, Re-
solutionen gegen die Wehrpflicht anzunehmen und Abschriften von diesen
dem Premierminister, dem Kriegssekretär, Minister Henderson und Parla-
mentsmitgliedern zuzusenden.
9. Juni. (Unterhaus.) Die Heeresverluste. Entscheidung in
der Angelegenheit der Behandlung der deutschen U#-Bootsgefangenen.
Auf eine Anfrage erklärt Asquith, daß die Verluste der englischen
Expeditionskorps in Frankreich und bei den Dardanellen für die Truppen
des Mutterlandes und der Kolonien zusammen am 31. Mai folgende Zahlen
erreichten: Tot: 3327 Offiziere und 47015 Mann, verwundet: 6498 Offiziere
und 147182 Mann, vermißt: 1130 Offiziere und 52 618 Mann, also be-
laufen sich die Gesamtverluste der englischen Armee bisher auf 10 955 Offi-
ziere und 258069 Mann.